Heute morgen um neun Uhr, direkt nach dem Frühstück mit der Familie, stand ich voll gestylt in einer alten Jugendstilvilla und suchte verzweifelt die Batterien für meinen Funkauslöser. Die Uhr tickte. Ich hatte noch eine halbe Stunde Zeit bis ich wieder zuhause sein musste, die nächste Verabredung gegen Mittag rückte immer näher. Da entdeckte ich sie – Ganz unten in der Tasche waren die Batterien. Und mit einem Seufzer der Erleichterung brachte ich mein kleines Fotoshooting hinter mich.
Was bisher geschah
1. Die Idee
2. Stoff und Schnitt
3. Ein Zwischenstand
Die letzten Nähte
Ich hätte es sicherlich auch einfacher haben können. Hätte ich mir ein einfaches Jerseykleid nach einem altbewährten Schnitt ausgesucht, wären mir sicher einige nervenaufreibende Dates mit dem Nahttrenner erspart geblieben. Aber der einfachste Weg ist meistens auch der langweiligste.
Dabei waren in der lertzten Woche nur noch die Abschlussarbeiten zu erledigen. Im letzten Kapitel hatte ich bereits angekündigt, dass nach dem Einsetzen des Reißverschlusses kaum noch Maschinennähte zu machen waren. Den Saum habe ich eingeschlagen und von Hand per Blindstich festgenäht. Das Futter innen habe ich mit der Overlock versäubert und dann noch eine Spitzenborte angenäht, einfach nur weil ich es schön fand, wenn die Spitze die versäuberte Naht ein wenig verdeckt. Das Futter habe ich dann hinten am Schlitz mit ein paar Handstichen angenäht. Auch innen am Reißverschluss und an den Armlöchern habe ich das Futter eingeschlagen und von Hand festgenäht.
Schleifchen dran, Geschenk verpackt!
Die Überschrift passt nicht ganz. Ich hab zwar ein Schleifchen am Kragen, aber mich willst Du nichtmal geschenkt zu Weihnachten haben! 😆 Mal abgesehen davon, dass ich auch viel zu viel zu tun habe, um mich den ganzen Heiligabend unter irgendeinen Baum zu legen. Fakt ist aber: Ich habe dem Kleid am Ende noch ein süßes Satin-Schleifchen am Kragen verpasst.
Das Schleifchenband habe ich an den Enden versäubert, zur Hälfte gefaltet und dann an der vorderen Mitte angenäht. Die Schleife selbst kann ich nach Lust und Laune binden. Das sieht zwar nicht ganz so perfekt aus wie eine vorgefaltete und festgenähte Schleife, ich habe aber die Freiheit, die Größe und den Stil der Schleife unterschiedlich zu gestalten, je nachdem welchen Look ich gerade tragen möchte. Außerdem nimmt die „unperfekte“, selbstgebundene Schleife dem Kleid etwas die Strenge.
Im übrigen passt mein schwarzer Samtblazer, den ich im letzten Jahr genäht habe, perfekt zu dem Kleid. Wegen der mangelnden Waschbarkeit werde ich am Heiligabend jedoch eine Strickjacke bevorzugen.
Das Finale
Ich war ja eigentlich gut in der Zeit. doch die „Abschlussarbeiten“ zogen sich in die Länge. Am letzten Montag hatte ich die Chance, meine Booster-Impfung früher als geplant zu bekommen und war danach zwei Abende außer Gefecht. Aber auch sonst verging die Zeit wie im Flug – Und plötzlich war der 18. Dezember angerückt. Zeit für die finale Anprobe und das Fotoshooting. Die Woche war mal wieder hektisch gewesen und am 16. saß ich abends noch mit der Nähnadel unter der Tageslichtlampe und befestigte noch schnell den Kragen. Eigentlich wollte ich ja direkt am 17. morgens schon Fotos machen. Aber das Leben kam dazwischen und so sind meine Fotos tatsächlich tagesaktuell. Dieses Jahr habe ich leider keinen XXL-Tannenbaum als Hintergrund zur Verfügung, deswegen gibt’s mein Weihnachtsoutfit erstmal nur vor der weißen Wand zu bewundern. Und bevor ich noch mehr Worte darüber verliere – VORHANG AUF – Hier ist nun mein Weihnachtskleid 2021:
Nobody is perfect! Was ich von diesem Kleid gelernt habe
Grundsätzlich gefällt mir mein Kleid sehr gut und ich werde es auf jeden Fall auch tragen. Wie immer, wenn ich einen Schnitt zum ersten Mal nähe gibt es aber trotzdem ein paar Kleinigkeiten, die ich beim nächsten Mal noch etwas besser machen könnte. Kein Nähprojekt ohne Lernerfolg!
Das wird beim nächsten Mal anders:
- Das Kleid ist schon sehr eng geworden. Das ist zwar sexy, aber nicht unbedingt alltagstauglich. Ich habe das Kleid nach dem Nähen aufgetrennt und um die Hüfte herum die Nahtzugabe so weit es ging nochmal rausgelassen. So habe ich die fehlenden 2-3cm Weite dazugewonnen, die das Kleid tragbar machen. Den Schnitt habe ich für’s nächste Mal schon entsprechend angepasst
- Die Rocklänge sollte laut Schnitt gut 8cm länger sein. Zugegeben, das hätte mich auch besser gefallen, meine 1,3m Stoff gaben das aber leider nicht her. Grundsätzlich mag ich gerne Kleider, die schon mindestens bis zum Knie reichen. Da ich recht groß bin, sieht diese Oberschenkel-Länge leicht danach aus, als würde mir das Kleid nicht richtig passen
- Den Minischlitz im Rock hinten hätte ich mir auch sparen können. Da das Kleid sowieso schon recht kurz ist, brauche ich da nicht wirklich mehr Bewegungsfreiheit am Rock. Lediglich wenn das Kleid seine Originallänge hätte, wäre der Gehschlitz notwendig
- Das Rückenteil ist nicht so ganz perfekt geworden. Beim Tragen bilden sich so einige komische Falten am Rücken. Es fällt nicht wirklich auf, aber womöglich werde ich das Rückenteil irgendwann mal auftrennen und nochmal zusammennähen. Ich bin noch etwas ratlos, woher diese Falten kommen, aber damit werde ich mich dann beim nächsten „Princess Seam Bodice“ nach diesem Schnitt beschäftigen
- Beim nächsten Mal würde ich auf jeden Fall einen „Lapped Zipper“ nähen, also einen seitlich verdeckten Reißverschluss. Der gibt solchen Vintagekleidern einfach noch ein zusätzliches, schönes Detail am Rücken. In diesem Fall war das nicht machbar, weil nach dem Erweitern des Rockteils die Nahtzugabe am Rückenteil zu schmal dafür war. Also habe ich einen nahtverdeckten Reißverschluss verwendet.
In Kurzfassung: Mein Weihnachtskleid für eilige Leser
- Schnittmuster: Eigenkreation aus dem Oberteil „Princess Seam Bodice“ aus „Gertie’s ultimate Dressbook“ vom Gretchen Hirsch und dem Pencilskirt aus dem Selben Buch. Die Abnäher vom Rock habe ich kurvigen Längsnähten verschwinden lassen
- Kragen: Mein eigener Schnitt
- Material:
- 1,3m fester Baumwoll(?)-Stoff aus meinem Fundus, uralt 🙂
- 1,5m Futterseide
- 0,3m Romanitjersey
- 60-80cm Satinband für die Schleife
- Bügeleinlage (z.B. von Vlieseline)
- Spitzenborte, 4cm breit für den Saum vom Futter
- 55cm nahtverdeckter Reißverschluss
- Fazit:
- Der Schnitt braucht noch etwas Feinschliff, vor allem was die Hüftweite angeht
- Ein Gehschlitz ist bei der kurzen Rocklänge nicht notwendig
- Ich möchte den Schnitt trotzdem nochmal nähen.
Na dann – frohe Weihnachten!
Frei nach dem diesjährigen Motto „Kein Weihnachtskleid ist auch keine Lösung“ habe ich mir dieses Jahr zu Weihnachten mal wieder ein richtig elegantes und alltagstaugliches Kleid gegönnt. Ich hoffe, dass dieses Kleid mich noch viele Jahre im Büro und bei dem ein oder anderen Event begleiten wird. Ich habe schon so viele Ideen, wie man es stylen könnte, die nur auf eine Gelegenheit zur Umsetzung warten. Sei es ein eher rockiger Look mit Boots und Bikerjacke, mit Kuschelstrickjacke und Doc Martens oder Sixties-Style mit Hochsteckfrisur und engen Stiefeln. Ich hoffe, dass es im neuen Jahr wieder viele Gelegenheiten geben wird, das Kleid auszuführen und verschiedene Styles auszuprobieren.
Ich freue mich sehr, dass Du auf dem Weg von der ersten Idee bis zum fertigen Kleid hier auf meinem Blog dabei warst. Es hat mir große Freude gemacht, nicht nur über meinen eigenen Fortschritt zu berichten, sondern auch all die anderen Nähprojekte im Rahmen des Weihnachtskleid-SewAlongs zu verfolgen. Großartig, wie viele so unterschiedliche Dinge da entstanden sind! Aus den Beiträgen vieler anderer Näherinnen lese ich heraus, dass auch sie trotz viel Terminen, Arbeit und Weihnachtsstress an ihren Kleidern drangeblieben sind und es letztendlich auch geschafft haben, rechtzeitig fertig zu lesen. Das finde ich ungemein motivierend – Und umso schöner, dass es auch bei fast allen geklappt hat, rechtzeitig fertig zu werden. Vielen Dank an dieser Stelle für die Ladies vom MeMadeMittwoch, die diese wundervolle Challenge in diesem Jahr wieder organisiert haben!
„Rechtzeitig“ ist ein gutes Stichwort. Nun ist das Outfit fertig, die Plätzchen gebacken, die Geschenke sind verpackt. Zeit, die Füße hochzulegen und sich so richtig auf Heiligabend zu freuen! Ich wünsche Dir ein wunderschönes Weihnachtsfest! Genieße die Lichter in den Straßen, die glitzernde Deko in den Fenstern, die kitschige Musik und das leckere Essen – Aber vor allem, die Zeit gemeinsam mit den Menschen, die Dir wichtig sind.
Merry Christmas
Eure Lasercat
Ich finde Dein Kleid superhübsch. Die Länge ist perfekt, mit dem „braven“ Kragen wäre es in länger langweilig. Auch der Schlitz hinten ist genau richtig, ich finde ihn sexy, und das braucht ein sonst so artiger Schnitt. Klar, ein oder zwei Zentimeter mehr Weite würden den Tragekomfort sicher verbessern, ohne dass das Sex-Appeal leidet, aber so lange Du Dich wohl fühlst ist doch alles gut.
Ich denke übrigens auch, dass im Rücken etwas zu viel Stoff ist, Du hast einen guten Gesäßmuskel, der macht ähnliche Probleme wie ein Hohlkreuz und außerdem fehlt dadurch vermutlich Weite in der Hüfte.
LG, Stefanie
Wow, das Kleid steht dir wirklich sehr gut. Schade, dass es zu eng geworden ist. Hey, nähe es dir doch einfach noch einmal, mit einer größeren Nahtzugabe! (Scherz) – mein Kleid ist dagegen etwas zu weit geworden! Nie ist man zufrieden *lach*, aber egal, wir haben uns bemüht und viel dazugelernt. Du Liebe, ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr mit ganz viel Gesundheit und Spaß in allen Dingen.
Liebe Grüße
Annette