Nach vielen Chillout-Outfits habe ich mal wieder ein anspruchsvolleres und elegantes Kleid genäht – Ein Vintage-Kleid aus grauem Woll-Flanell mit tailliertem Oberteil, asugestelltem Rock, und einem verdeckten Reißverschluss.

Heute habe ich es endlich mal geschafft, einen Beitrag pünktlich zum Me-Made-Mittwoch zu posten. Für alle die den nicht kennen – Es handelt sich um eine Link-Party mit einer kleinen Challenge: Jeweils am ersten Mittwoch des Monats kann man etwas Selbstgenähtes dort präsentieren, unter der Vorraussetzung, dass der Post auch an diesem Tag erstellt worden sein muss. Da ich sowohl pünktlich zu MeMadeMittwoch, als auch zur #SewYourWardrobeBasics Challenge fertig werden wollte, habe ich mich für die Fotos mal schnell zwischen Arbeiten, Mittagessen für die Family kochen und Weihnachtsdeko schnell in Schale geworfen und ein paar Bilder gemacht – Auch wenn das Kleid noch nicht hundertprozentig fertig ist. 😉

Das Schnittmuster

Das Schnittmuster stammt aus dem wundervollen Buch „Gertie’s Ultimate Dressbook“ von Gretchen Hirsch**. Genäht habe ich das „Beaded Collar Wool Dress“. Wie man den Bildern unschwer entnehmen kann, fehlt der Kragen noch. Da ich aber diesen Beitrag unbedingt für die November-Challenge der #SewYourWardrobeBasics von Sea of Teal  fertig gestellt haben wollte, zeige ich aktuell erstmal Bilder ohne den Kragen.

Das Kleid besteht aus dem Oberteil mit langen Ärmeln. Dieses wird mit vier Abnähern vorne und zwei hinten auf Figur gebracht. Der Halsausschnitt sitzt sehr hoch, weil er eigentlich ja für einen Kragen gedacht ist. Der Rock ist ausgestellt und wird in der Taille in Falten gelegt.

Schnittmuster anpassen anhand des Probeteils

Genäht habe ich erstmals in Größe 6. Bisher habe ich bei den Gertie-Schnitten meistens Größe 8 oder 10 genäht und musste da schon um Brust und Taille herum ziemlich viel verkleinern. Da ich in letzter Zeit stark abgenommen habe, beschloss ich also, dieses Mal eine kleinere Größe zu wählen. Laut der Größentabelle im Buch hätte mir die 6 perfekt passen müssen.

Zum Anprobieren habe ich mir erstmal ein Probeteil aus einem alten Dekostoff genäht. Nach der Anprobe habe ich am Schnitt dann folgendes angepasst:

  • Brustabnäher 5mm nach unten versetzt
  • Untere Abnäher 1cm nach unten versetzt und 0,5mm schmaler gemacht
  • Rückenabnäher 0,5cm schmaler gemacht
  • Ärmel an jeder Seite 1cm erweitert
  • Armlöcher 1cm nach unten versetzt.

Außerdem habe ich den Saum um 6cm gekürzt. Mir hätte eher etwas länger zwar besser gefallen, aber meine 2,10m Stoff haben für einen längeren Saum leider nicht gereicht. Optional könnte man dem Kleid noch Taschen in der Seitennaht hinzufügen. Da ich aber nicht genau wusste, ob man die dann von außen sieht, wenn sie aus Futterseide gearbeitet sind, habe ich sie lieber weggelassen. Aus dem Wollstoff konnte ich keine Taschenbeutel nähen, weil das sonst zu dick geworden wäre und aufgetragen hätte.

Beim Probeteil habe ich leider einen fatalen Fehler gemacht. Der Reißverschluss den ich dafür verwendet habe war etwas zu kurz. Deshalb habe ich ihn unten im Taillenbereich nicht bis unten komplett eingenäht, damit ich das Teil überhaupt anziehen kann. Leider hat das dazu geführt, dass ich nicht gesehen habe, dass die Taille viel zu eng ist. (Siehe Fazit)

Der Stoff

Zuschnitts des Vintage-Kleids aus grauem Wollstoff

Dieser Stoff ist etwas ganz Besonderes: Die Verkäuferin in meinem lokalen Stoffgeschäft sagte mir, dass man solche Stoffe heutzutage gar nicht mehr bekommt. Der Stoff selbst stammt aus dem Stoffschrank meiner Mutter. Ich vermute, er wurde in den sechziger oder siebziger Jahren gekauft. Das genaue Material kenne ich nicht, aber er fühlt sich wunderbar weich und edel an und lässt sich auch ohne Probleme länger auf der Haut tragen. Ich vermute daher, dass es sich um eine Mischung aus hochwertigem Wollstoff, Seide und Baumwolle handelt. Ich würde ihn als „Woll-Flanell“ kategorisieren.
Bei mir lag er dann auch einige Jahre, bis er seine Bestimmung gefunden hat. Als ich ihn ausgepackt habe, roch er ein bisschen nach Schrank. Da dieser Stoff nicht waschbar ist, habe ich ihn einen Tag lang draußen ausgelüftet. Dann war der muffige Geruch zum Glück verflogen.

Näharbeiten

Mein erster verdeckter Reißverschluss

Eigentlich war ich immer ein großer Fan der Nahtverdeckten Reißverschlüsse. Sie sind glatt, unsichtbar und ziemlich idiotensicher einzunähen. Mit dem richtigen Maschinenfuß kann man hierbei eigentlich nichts falsch machen. Dann habe ich jedoch das Kapitel über die „Lapped Zippers“ aus „Gertie’s Ultimate Dressbook“ gelesen. In dem Kapitel wird der „Lapped Zipper“ als Original Vintage-Technik beschrieben, denn in den 50er und 60er Jahren gab es noch keine verdeckten Reißverschlüsse. Außerdem hat die überlappende Kante am Rückenteil – sofern sie ordentlich gearbeitet ist – einen tollen, dekorativen Effekt. Sie macht die Rückseite des Kleids direkt interessanter. Auch ich fand die Vorstellung interessant und ich liebe neue Herausforderungen! Also habe ich bei diesem Kleid zum ersten Mal einen verdeckten Reißverschluss genäht.

Das Einnähen dieses Reißverschlusses ist allerdings nicht ganz trivial. Hier muss man vor allem sehr genau messen, von Anfang an. Am Reißverschlussschlitz entlang wird die Kante auf der einen Seite 1,5cm, af der anderen 6mm umgebügelt. Hier muss man wirklich auf den Millimeter achten. Denn der macht später den Unterschied, wenn es darum geht ob der Reißverschluss ordentlich und gerade aussieht. Ich habe es so gemacht wie Gertie in ihrem Video. Ich habe einfach dreimal nachgemessen.

Wusstest Du, dass verdeckte und normale Reißverschlüsse ungefähr das Selbe kosten? Der Unterschied liegt lediglich in der Verarbeitung und der Optik.

Besatz richtig umbügeln für verdeckten Reißverschluss

Damit der Besatz vom Halsausschnitt später nicht beim Öffnen und Schließen im Halsausschnitt hängen bleibt, hat Gertie in ihrer Nähanleitung hier an jeder Seite 3mm mehr umgebügelt, als am Reißverschlussschlitz. Hier waren es dann links 1,8cm und rechts 9mm. Wenn man hier ordentlich gemessen hat, liegen die umgeschlagenen Kanten des Besatzes hinterher mit 3mm Abstand zu den Zähnchen auf dem Reißverschlussband und können dort von Hand festgenäht werden.

Saum umnähen mit dem Maschinen-Blindstich

Beim Säumen bin ich eigentlich sehr pingelig. Ich bevorzuge Säume, bei denen keine Naht sichtbar ist, besonders bei ausgestellten Röcken. Um die Naht so unsichtbar wie möglich zu machen, habe ich bisher meine Säume immer von Hand mit einem Blindstich umgenäht. Dieses Mal wollte ich allerdings mal etwas Neues wagen und die Blindstich-Funktion meiner Nähmaschine testen.

Dafür wird ein sogenannter „Blindstichfuß“ oder „Saumfuß benötigt. Der sorgt dafür, dass die Saumkante innen in Richtung der Kanteumgeschlagen bleibt und die kleinen Stiche zur rechten Seite hin ganz knapp an der Kante liegen.

Saum umnähen mit dem Blindstichfuß

Ich habe die Funktion zuerst an einem Stoffrest getestet und war damit eigentlich ganz zufrieden. Also habe ich kurzerhand den kompletten Saum mit der Maschine umgenäht. Mit dem Ergebnis war ich dann allerdings nicht so ganz zufrieden (siehe Fazit). Trotzdem ist es gut zu wissen, wie die Blindstichfunktion meiner Nähmaschine funktioniert. Vielleicht findet sich ja in naher Zukunft ein anderes Nähprojekt, bei dem sie besser einsetzbar ist. Zum Beispiel bei einem gemusterten Stoff.

Fazit

An diesem Projekt hatte ich so richtig meine Freude. So schön und einfach Jersey-Klamotten auch sind – Webware is einfach eine größere Herausforderung und ich finde es wahnsinnig toll, wenn nicht-dehnbare Kleidung perfekt auf die eigene Figur angepasst ist. Dementsprechend bin ich auch ein wenig traurig, weil mir das fertige Kleid einfach nicht so richtig passt. Ich war wohl bei meinem Probeteil einfach nicht sorgfältig genug beim Anprobieren. Um die Brust herum passt es wunderbar, die Taille ist mir allerdings etwas zu eng und auch an den Schultern habe ich zu wenig Bewegungsfreiheit. Diese Enge am Oberkörper führt dazu, dass sich beim Bewegen komische Falten bilden und der verdeckte Reißverschluss leicht aufgeht. Deswegen wirst Du das Kleid sehr bald in meinem Etsy Shop käuflich erwerben können.

Den Fehler habe ich übrigens im Nachhinein gefunden: Ich habe die Taille falsch gemessen. Als Taillenmaß habe ich die schmalste Stelle meines Oberkörpers unter der Brust verwendet. Diese beträgt bei mir 70cm. Allerdings ist die „Taille“ mit der im Schnittmuster gerechnet wird, der Bereich über dem Bauch, wo der Oberkörper einknickt, wenn man sich zur Seite beugt. Der liegt bei mir gut 4cm unterhalb der schmalsten Stelle und hat eine Breite von 73,5cm.

Was war gut?

  • Ich kann mit Stolz behaupten, dass ich noch nie ein handwerklich so perfektes Kleidungsstück genäht habe. Hier hat wirklich alles gepasst. Jeder Knips hat aufeinander gepasst, jede Nahtzugabe war korrekt eingehalten.
  • Ich habe zum ersten Mal einen verdeckten Reißverschluss genäht und dank den tollen Tutorials von Gertie ist er auch richtig gut geworden. Da bin ich echt stolz auf mich

Was würde ich nächstes Mal anders machen?

  • Auf jeden Fall sollte das Kleid richtig passen. Ich mag den Schnitt, werde ihn beim nächsten Mal allerdings eine Nummer größer nähen und dann im Brustbereich verkleinern.
  • Beim nächsten Mal werde ich unbedingt mehr Zeit in die Anprobe des Probeteils aufwenden.
  • Leider sieht man die „Blindstiche“ der Nähmaschine am Saum etwas durch. Bei diesem Stoff mit der fleecigen Oberfläche sieht es dadurch aus, als wäre der Saum nicht ganz gerade umgebügelt. Das ist für mich super ärgerlich. Ich werde den Saum wahrscheinlich wieder auftrennen und noch einmal von Hand nähen.
  • Mir einen passenden Gürtel aus dem selben Stoff dazu nähen. Mit einem Gürtel in der selben Farbe wird die Taille etwas dezenter betont als mit dem schwarzen Gürtel, den ich auf meinen Fotos trage.

 

Fazit zum Schnitt:
Auch wenn mir das Kleid nicht richtig passt, gefällt mir der Schnitt sehr gut. Er ist klassisch, elegant und verhältnismäßig einfach zu nähen. Ich glaube, wenn ich den mal soweit angepasst habe, dass er mir richtig gut passt, lassen sich daraus dutzende Varianten von Kleidern für alle Jahreszeiten nähen.

Der Kragen und ein besserer Saumabschluss folgen demnächst 🙂 

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