Samtblazer selber nähen

Was passiert, wenn man einen komplizierten Schnitt aus einem komplizierten Stoff näht? Richtig – Ein Nähprojekt, das für Anfänger ungeeignet ist. Ich habe mich trotzdem daran gewagt, einen Samtblazer zu nähen…

Das Schnittmuster

Das Schnittmuster stammt aus der Burdastyle 11/07. Es ist ein taillierter Kurzblazer mit Dreiviertel-Ärmeln, der vorne mit drei Druckknöpfen geschlossen wird. Das Modell im Heft ist aus Jaquard und hat einen Stehkragen und Ärmelmanschetten aus Webpelz.

 

Bei diesem Schnitt wollte ich mal alles richtig machen. Ich habe mir anhand der Größentabelle in der Burdastyle die Größe 40 rausgesucht, weil mir die 38 um die Schultern und Arme herum etwas zu eng erschien. Die 40 ist mir allerdings um Bauch und Taille herum viel zu groß. Deswegen musste ich den Schnitt in diesem Bereich schmaler machen. Zuerst gestaltete sich das Ausmessen des Schnitts als schwierig, weil die Jacke ja etwas Mehrweite braucht, um auch über Pullovern und Blusen getragen zu werden. Letztendlich bin ich damit nicht weiter gekommen. Ich hatte als Orientierung nur die Taillenweite aus der Maßtabelle, da die Jacke ja über dem Bauch endet, konnte ich den Bauchumfang auch nicht zum Messen benutzen. Also habe ich anhand der Taillenweite die Teilungsnähte und Seitennähte im Taillenbereich etwas enger gemacht:

Schnittmuster an die eigenen Maße anpassen

Im Bild sieht man ganz gut, wie ich den Schnitt verändert habe. Die Schultern und Ärmel habe ich nicht verändert.

Das Material:

  • Baumwollsamt
  • Posamentenborte
  • Futterseide
  • Schulterpolster
  • Fadenknöpfe
  • Vlieseline

Genäht habe ich mit einer normalen Allround-Nadel und Allesnäher-Garn.

Beim Nähen von Samt ist allerdings einiges zu beachten:

  • Samt ist bügelempfindlich: Man sollte ihn niemals direkt bügeln, immer nur von links und mit einer Bügelunterlage. Der Flor des Samts wird sonst beschädigt und plattgedrückt und dann gibt es hässliche, abgerieben aussehende Stellen auf dem Stoff. Ich habe als Unterlage ein flauschiges Handtuch benutzt und versucht, beim Bügeln möglichst wenig auf den Stoff zu drücken.
  • Samt fusselt: Auf einem anderen Blog bezeichnete eine Userin das Gefussel als „Flohparade“. Hinterher ist also erstmal Staubsaugen angesagt, vor allem auch in der Nähmaschine, wo die kleinen Fusseln sich gerne sammeln. Dagegen hilft, den Samt direkt nach dem Zuschneiden zu versäubern. Da ich den Blazer ja aber füttern wollte, habe ich darauf verzichtet und die Fussel in Kauf genommen.
  • Samt rutscht: Hier empfehle ich, einfach beim Stecken möglichst viele Nadeln zu verwenden, diese quer zur Naht zu stecken und allen „kritischen“ Ecken zu heften. So habe ich zum Beispiel auch den Kragen vom Blazer sauber hinbekommen.

Den Blazer nähen

Ich hatte von Anfang an großen Respekt vor diesem Nähprojekt. Wären „Blazer“ nicht das Thema der #sewyourwardrobebasics Challenge im September gewesen, wäre ich auch nie auf die Idee gekommen, einen zu nähen. Vor einigen Jahren habe ich mich mal einem eher einfachen Blazer aus einem elastischen Jaquard versucht, der leider vollkommen daneben ging. Die Jacke sah zwar von außen schön aus, aber das Futter war innen total verdreht, so dass man sie kaum anziehen konnte. Außerdem war mir der Blazer irgendwie am Rücken und an den Schultern zu eng, aber um die Brust zu weit. Kurzum – Er landete in der Altkleidersammlung und ich habe damals beschlossen, sowas nicht wieder zu nähen. Und nachdem ich mich nun von dieser Challenge doch wieder dazu hatte motivieren lassen, wollte ich dieses Mal auf jeden Fall alles richtig machen.

Ich gestehe, dass ich manchmal die Nähanleitungen vor dem Nähen nur so überfliege und denke, ich hätte alles verstanden. Beim Nähen merke ich dann aber, dass ich plötzlich nicht mehr weiter komme, weil ich eben doch nicht weiß, was da lt. Anleitung wie gemacht werden soll. Das wollte ich dieses Mal vermeiden. Ich habe mir also erstmal die Anleitung zu Gemüte geführt und sogar in eigenen Worten nochmal abgeschrieben, um wirklich sicher zu gehen, dass ich sie verstanden hatte. Dabei habe ich auch direkt gemerkt, wo für mich die größten  Schwierigkeiten liegen (Siehe „Jacke füttern“).

Und dann habe ich auch schon angefangen:

Futterjacke nähen

Die Futterjacke habe ich zuerst genäht. Hintergrund war, dass ich sie als „Probeteil“ mal anprobieren wollte um herauszufinden, ob meine Anpassungen am Schnitt auch gut passen. Die Futterjacke zusammenzunähen war recht einfach, dazu muss ich nicht viel schreiben. Die erste Anprobe war auch erfolgreich, alle Nähte saßen dort wo sie sitzen sollten. Also habe ich danach den Samt-Teil des Blazers zugeschnitten und genäht.

 

 

 

 

 

 

Auf dem Bild sieht man übrigens die sogenannte „Bewegungsfalte“ am Rückenteil des Futters. Diese wird erstmal zusammengeheftet und dann aufgemacht, sobald der Blazer fertig ist.

Blazer nähen

Am Blazer habe ich zuerst die Teilungsnähte genäht und mit den Posamentenborten verziert. Danach war der Kragen an der Reihe. Bei diesem habe ich die Borte von Hand aufgenäht, da ich sie erst angenäht habe, als beide Kragenteile schon aneinander genäht waren.

Bei diesem Blazer habe ich auch zum ersten Mal Schulterpolster verarbeitet. Eigentlich dachte ich immer, Schulterpolster wären voll Achziger. Bei Blazern und Mänteln benutzt man sie jedoch nachwievor, besonders bei schweren Stoffen. So behalten die Schultern und Ärmel ihre Form. Ich habe für den Blazer ein paar ganz dünne Schulterpolster gekauft, die lediglich die Form der Jacke waren, ohne die Schultern zu verbreitern.

Die Schulterpolster werden von Hand auf der Schulternaht von innen befestigt:

Auf dem Bild sieht man ganz gut den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen einer gepolsterten Schulternaht und einer ohne. Ohne das Polster sitzen sowohl Schulterteil als auch Armkugel einfach nicht so gut.

Mit und ohne Schulterpolster

Blazer füttern

Das „füttern“ des Blazers war für mich der allerschwerste Teil. Wie kommt diese verdammte Futterjacke jetzt in den Blazer??? Ich habe sie nach innen gezogen und am Besatz festgesteckt, aber sie hat einfach nicht richtig gepasst. Es hat einen vollen Tag gedauert bis ich auf den Fehler gekommen bin: Da das Futter ja an den Besatz genäht wird und nicht an die Vorderkanten der Jacke, benötigt es ja auch die Weite des Besatzes nicht. Ich hatte beim Zuschneiden allerdings lediglich den umzuklappenden Teil des Besatzes weggelassen. Kein Wunder, dass es dann nicht gepasst hat! Ich habe dann nachträglich die Besatzweite noch von der Futterjacke abgeschnitten. Da die Futterjacke zu diesem Zeitpunkt aber schon zusammengenäht war, ist mir diese Arbeit nicht so ganz sauber gelungen. Das Futter habe ich dann vorne mit dem Besatz verstürzt:

Im Bild sieht man, wie ich das Futter gerade auf höhe der Schulternaht mit dem Besatz verstürze. Hier ist es sehr wichtig, dass alle Nahtzeichen und Nähte genau aufeinander treffen. An dieser Stelle hätte ich mir ein paar Knipse mehr im Schnitt gewünscht. Aber irgendwie hat es am Ende dann doch gepasst.

Als nächstes ging es dann daran, das Futter am Saum und den Ärmelkanten zu befestigen. An dieser Stelle wurde ich dann auch aus meiner Nähanleitung in der Burdastyle nicht mehr schlau. Bis jetzt weiß ich noch nicht, was die da genau machen. Was soll man da wie anbügeln und hochschieben???

Nach mehrfachem Lesen und ergebnislosem Googeln dieser Technik habe ich dann beschlossen, das Futter einfach so anzunähen, wie ich es in den Youtube-Videos diverser Schneider-Meisterinnen gesehen hatte.

Zuerst habe ich das Futter mit einem kleinen Stoffstreifen an der Schulter und der Seitennaht fixiert. So kann es später beim Tragen nicht verrutschen und im Blazer Ausbeulungen verursachen. Außerdem kann ich so sicherstellen, dass die Futterärmel sich nicht verdrehen. In dem ersten Video, das ich unten verlinkt habe, wird ganz genau gezeigt, wie das funktioniert.

Zum Schluss habe ich dann die Säume des Futters unten und an den Ärmeln umgebügelt und von Hand auf der Saumzugabe angenäht.

Linksammlung: Videos rund um das Nähen von Blazern:

Die Besten Videos über das Nähen von Blazern mit Fokus auf das Futter:

 

Die Knöpfe

Da ich meinen Blazer gerne etwas „asiatisch“ gestalten möchte, habe ich mir schöne chinesische Fadenknöpfe bestellt. Leider sind die noch nicht da, deshalb ist der Blazer auf den Fotos noch knopflos. Sobald ich die Knöpfe habe, werde ich neue Bilder machen und den Post an dieser Stelle ergänzen.

Fazit

Einen gefütterten Blazer zu nähen ist defintiiv nichts für Anfänger. Nicht nur das Maßnehmen und Anpassen des Schnitts ist nicht so einfach, beim Nähen muss man wirklich ganz exakt arbeiten, damit alles passt. Kleine Fehler sieht man direkt in Form von Ausbeulungen oder Falten. Trotzdem bin ich froh meine Angst überwunden und das Projekt zu Ende gebracht habe. Mein Samtblazer ist wunderschön geworden und passt wirklich gut. Der Samt ist ist weich und etwas knautschig, mit der Posamentenborte erinnert er ein bisschen an ein Jimi Hendrix Bühnenoutfit aus den Siebzigern.

Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?

  • Wenn ich diesen Schnitt nochmal mache, würde ich auch um die Brust herum vorne etwas Weite wegnehmen. Dann passt er vermutlich noch besser
  • Ich würde das Futter erst nach dem Blazer zuschneiden und dann Futter- und Blazerteile zugeschnitten nochmal aufeinander legen, um sicherzustellen dass wirklich alles perfekt passt
  • Nachdem ich die Futterjacke gemacht habe, würde ich die Futtersäume direkt versäubern und umbügeln und nicht erst wenn das Futter bereits in der Jacke ist. So wird der Futtersaum, der dann innen an die Saumzugabe der Jacke angenäht wird, ordentlicher und gerader.
  • Ich würde das Futter komplett verstürzen, wie in dem ersten verlinkten Video und die Jacke dann durch den Ärmel wenden. Das ist zwar etwas aufwendiger und schwieriger, sieht aber am Ende schöner aus, als das mit Handstichen angenähte Futter.
  • Im Schnittmuster sind m.M. nach ein paar Knipse zu wenig, um die Teile später perfekt einpassen zu können. Sollte ich den Schnitt nochmal nähen, werde ich mir auf jeden Fall ein paar zusätzliche Knipse setzen.

Und zum Schluss gibt es noch ein paar Styling-Varianten:

Den Blazer kann man auf viele verschiedene Arten tragen. Er passt gut zu lockeren Hippie-Outfits, aber auch zur Jeans oder zum kleinen Schwarzen. Es ist kein supereleganter Blazer, sondern eher ein alltagstaugliches Teil.

Mehr Bilder von Outfits mit dem Samtblazer werde ich Euch in den nächsten Wochen auf Instagram posten.

Vielen Dank für das Lesen meines Beitrags!

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