Eigentlich sollte es ja eher ein richtiges „Basic Teil“ für den Sommer werden. Aber irgendwie bin ich dann in meinem Stofffundus über die Reste vom Stoff meines Abendkleides aus 2018 gestolpert, habe das erste mal ein „Full Bust Adjustment“ bei einem alten Schnittmuster gemacht und herausgekommen ist ein durchaus alltagstaugliches, aber für ein Basic vermutlich doch zu raffiniertes Kleid.

Stoffkombination? Experimentell!

Eigentlich sollte dieses Kleid mein Beitrag für die #sewyourwardrobebasics Challenge 2020 werden. Dort sind zwar keine Farben und Stoffe vorgegeben, aber von einem „Basicteil“ erwartet man doch eher kombinierbare Farben und wenig Mustermix. Daher hatte ich ursprünglich vor, ein komplett schwarzes Kleid zu nähen. Ein „kleines Schwarzes“ mehr ist ja nie verkehrt und schwarz ist ja bekanntlich meine Lieblingsfarbe.

Als ich dann meinen schwarzen Baumwollstoff heraussuchen wollte, stieß ich zufällig in meiner Stoffbox auf den hellgrauen Asia-Stoff, den ich 2018 für mein Sommernachtsfestkleid verwendet hatte. Für alle die damals noch nicht mitgelesen haben: 2018 habe ich es nach Jahren endlich geschafft, eine Einladung zu dem sehr beliebten Sommernachtsfest auf dem Haardter Schloss zu bekommen. Dafür hatte ich mir dann dieses Kleid genäht:
Es war ein unvergesslicher Abend in einer wirklich unvergesslichen Location. Die Menschen dort waren nicht  ganz das, was ich erwartet hatte, aber die Kulisse und die gute Stimmung haben das wieder wett gemacht. Sollte es nächstes Jahr wieder ein Sommernachtsfest geben und sollte ich für diesen Abend einen Babysitter finden, möchte ich auf jeden Fall wieder hingehen.

Zurück zu meinem Kleid – Von dem hellgrauen Baumwollstoff mit dem Kirschblütenprint (gekauft bei Stoffe Hemmers online) hatte ich noch einen Rest übrig. Also habe ich spontan beschlossen, dass aus meinem Basic-Kleid etwas Interessantes werden sollte. Den Rock habe ich aus dem geplanten schwarzen Baumwollstoff genäht – Das Oberteil aber aus dem „Sakura“- Baumwollstoff.

Der alte Lieblingsschnitt neu angepasst

Das Schnittmuster habe ich bereits vor einigen Jahren schon einmal genäht – Es stammt aus der Burdastyle 07/2014. Das schöne Kleid mit dem herzförmigen Ausschnitt und den englischen Nähten war mir in der Zeitschrift direkt ins Auge gefallen. Besonderes Detail sind übrigens die Eingrifftaschen in den Seitennähten am Rock. 2016 habe ich mir daraus mein geliebtes Flamingo-Kleid genäht, das ich seitdem mehrere Sommer lang viel getragen habe. Leider musste ich mich dieses Jahr davon trennen – Durch Schwangerschaft und Stillzeit passt es einfach nicht mehr richtig über der Brust, ein Bereich der sich nachträglich auch nicht mehr ändern lässt. Deshalb habe ich beschlossen, mir das Kleid nochmal zu nähen, wenn auch aus einem anderen Stoff.

Anpassungen am Oberteil

Den Schnitt hatte ich 2016 in Größe 38 abgepaust. Die Zeiten in denen ich perfekt in die Burda 38 gepasst habe, sind allerdings schon lang vorbei. Damals hatte ich allerdings bei den Schnittmustern bereits die Taille etwas tiefer gesetzt und das Oberteil verlängert. Hier musste ich also nichts mehr tun.

Full Bust Adjustment (kurz „FBA“)

Als nächstes habe ich ein sogenanntes „Full Bust Adjustment“ gemacht. Ich habe das lange Zeit selbst auch nicht gewusst, aber die meisten Schnittmuster für Oberteile sind auf B-C Körbchengrößen ausgelegt, vollkommen egal welche Größe sie haben. Nähe ich also mit einem E-Körbchen ein Oberteil einfach zwei Nummern größer, wird es um die Brust immer noch nicht richtig sitzen, dafür aber an Schultern, Armen und Hüften viel zu weit sein. Frauen mit größerer Oberweite kennen das Problem sicherlich. Deswegen gibt es eine Methode – das FBA – um Schnitte um die Brust herum weiter zu machen, während die Weite an den restlichen Körperteilen gleich bleibt. Wie das funktioniert, zeigt dieses Video.

Mein Oberteil von diesem Kleid hat zusätzlich noch die Herausforderung, dass es nicht mit Abnähern, sondern mit englischen Nähten auf Figur gebracht wird. Englische Nähte sind Längsteilungen, die sich von der Schulter bis zum Saum ziehen und so die Silhouette nachzeichnen. Da ich mit der Anpassung von englischen Nähten an eine sehr kurvige Figurform bisher noch keine Erfahrung gesammelt hatte, habe ich mir erstmal ein Probeteil genäht.

Die Anpassung der englischen Nähte hat sich als gar nicht so einfach herausgestellt. Am Ende habe ich dann zwei Probeteile genäht und das Kleid selbst auch mehrmals nochmal aufgetrennt.

Anpassungen am Rock

Im Originalschnitt wird das Rockteil einfach nur eingereiht und direkt an das Oberteil angesetzt. Allerdings fand ich das schon bei meinem Flamingokleid irgendwie etwas unvorteilhaft. Auch da hatte ich schon getrickst, indem ich den Rock nur vorne und hinten eingereiht und an den Seitennähten einfach glatt gelassen habe. Bei diesem Kleid wollte ich mal eine andere Rockvariante ausprobieren, die ich in „Gertie’s ultimate dressbook“ gesehen hatte. Das Buch kann ich übrigens sehr empfehlen, die Nähtipps und Ideen darin sind wirklich lesenswert!

Nähtipp: Im Gegensatz zu eingereihten Rockteilen tragen Falten nicht so sehr auf und machen eine schöne Silhouette. Um Die Taille oder den Bauchbereich zu betonen, kann man die Falten auch ein Stück „zunähen“, so dass der Rock erst über der Hüfte oder den Oberschenkeln weiter wird.

Ich habe also den Rock in Falten gelegt und diese dann etwa zehn Zentimeter von oben zugenäht. Die Eingrifftaschen an den Seitennähten  habe ich trotzdem hinzugefügt.

Zusammengefasst: Meine Anpassungen am Schnitt

  • Full-Bust-Adjustment: Schnittmuster auf größere Oberweite angepasst
  • Taille etwa 2cm nach unten versetzt
  • Armlöcher etwas weiter gemacht
  • Rockteil statt mit Raffung mit Falten versehen und diese etwa 10 cm abgenäht

Fazit: Besser als gedacht!

Beim Nähen war ich noch restlos begeistert. Der Baumwollstoff ließ sich so leicht und sauber verarbeiten und sogar der verdeckte Reißverschluss ist mir dieses Mal richtig gut gelungen. Als ich das Teil dann aber zum ersten Mal in fertigem Zustand vor dem Spiegel anhatte, war ich nicht mehr ganz so begeistert. Fakt ist – Das helle grau mit den Kirschblüten ist nicht so ganz meine Farbe. Irgendwie sah ich in der Farbkombination noch blasser aus und sie beißt sich mit meinem Hautton, obwohl der Stoff nur kühle Farbtöne enthält. Vermutlich ist die Farbe aber einfach zu pastellig für mich. Auch mit dem Rockteil war ich eher unzufrieden. Die abgenähten Falten gefallen machen zwar eigentlich eine gute Figur, aber ich fürchte ich hatte fast ein wenig zu weit abgenäht. 2-3cm weniger hätten wahrscheinlich besser ausgesehen. Jedenfalls war ich dann fast etwas traurig. Da habe ich so ein wunderbar sitzendes Kleid mit einem tollen Schnittmuster genäht und es steht mir eigentlich gar nicht.

Trotzdem habe ich beschlossen, darüber zu bloggen. Als wir dann die Fotos für den Blog gemacht haben, musste ich feststellen, dass ich das Kleid plötzlich doch nicht mehr so schlimm fand. Durch einige Fahrradttouren habe ich offenbar etwas Farbe bekommen. In der Sonne wirkte ich plötzlich gar nicht mehr so blass und mit Schuhen sah auch der Rock mit den lang abgenähten Falten plötzlich interessanter aus.

Fotografiert habe ich übrigens mal wieder auf dem Dach. Leider ist das in der Innenstadt die einzige Möglichkeit, Fotos zu machen ohne dass ständig Leute durch’s Bild laufen. Vor allem an einem belebten Samstag Nachmittag bei gutem Wetter.

Später waren wir dann noch Kaffeetrinken und konnten im Hinterhof unseres Nachbarrestaurants noch ein Bild vom Kleid „in freier Wildbahn“ machen, ohne Highheels und Lippenstift, dafür mit Gürtel und etwas anderer Frisur.

Gefällt dir dieses Kleid? Ich freue mich sehr über Kommentare oder einen Besuch auf meiner Facebook-Seite 🙂

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