Wenn das Wetter grau und trübe wird und die Welt um mich herum beginnt, sich mit Halloweenkostümen und Weihnachtsdeko zu beschäftigen, wünsche ich mich immer an einen schönen warmen Ort ohne all den Kommerztrubel, an dem ich einfach nur in der Sonne sitzen und in Ruhe nähen kann. Mit diesem Herbstprojekt habe ich eine lang geplante Idee verwirklicht: Die Blouson-Jacke oder College-Jacke – Ein echter Retroklassiker.

So einen Blouson wollte ich mir schon lange mal nähen. Ich liebe die Retro-Optik, gleichzeitig ist er aber auch ein absolut alltagstaugliches Kleidungsstück. Lange habe ich geplant und überlegt, wie mein perfekter Blouson aussehen könnte, bis ich den Kirschblütenpatch wieder entdeckte, den ich 2019 eigentlich mal für mein Kirschblütenkleid gekauft und dann aber doch nicht verwendet hatte. Der passte irgendwie perfekt zu den süßen „CuffMe“-Bündchen von HamburgerLiebe, die ich auch im letzten Jahr schon gekauft, aber dann doch nicht verarbeitet hatte. Und so entstand die Idee für meinen Retro-Blouson.

Das Schnittmuster

Der Schnitt stammt aus der Burda Easy Fashion F7S 2014.

Der Schnitt ist sehr einfach gehalten. Der Blazer wird nicht gefüttert und durch die Raglanform muss man sich auch nicht mit Schulternähten oder kompliziertem Ärmeleinsetzen beschäftigen. Trotzdem würde ich ihn so nicht wieder nähen, denn die negativen Aspekte dieses Schnitts überwiegen für mich am Ende doch:

Nachteile dieses Schnitts:

  • Die Größen sind seltsam bemessen und stimmen aus meiner Sicht auch nicht mit der Maßtabelle überein. Laut dieser hätte ich Gr.40 gebraucht. Die habe ich auch genäht und habe schon beim Zuschneiden gemerkt, dass sie mir viel zu groß ist.
  • Der ganze Schnitt ist auch viel zu lang für eine normalgroße Person. Ich bin 1,73, das heißt 5cm über der Durchschnittsgröße und Ärmel und Saum finde ich für mich trotzdem etwas zu lang
  • Ein weiterer Nachteil dieses Schnittmusters ist, dass der Taschenbeutel auf den Schnitt des Oberteils gezeichnet ist. Er liegt genau über den Linien für den Tascheneingriff, so dass man nicht genau erkennen kann, wo der Eingriff für welche Größe sitzen soll. Ich habe den dann einfach nach Gefühl platziert.
  • Die Taschenbeutel werden laut Nähanleitung nicht fixiert und „hängen“ einfach so labbelig auf der Innenseite herum. Ich habe sie nachträglich dann mit ein paar Stichen auf der Nahtzugabe des Reißverschlusses angenäht, damit es nicht ganz so blöd aussieht, wenn man den Blouson offen trägt. Dennoch finde ich die Art, wie die Taschenbeutel hier eingenäht und innen verarbeitet sind, nicht besonders gut.
  • Der Kragen ist einfach nur ein gerades Stück Bündchen, das eingeschlagen und angenäht wird. Das fand ich schon von Anfang an etwas hässlich und ich habe einen Kragen genäht, der schräg zum Reißverschluss hin in den Halsausschnitt läuft.

Das Material:

  • 1,5m Jaquard-Jersey, gekauft bei Stoffe Hemmers
  • Ein paar Streifen Bügeleinlage
  • 2m Bündchen, „Cuff Me“ von HamburgerLiebe
  • Aufnähpatch für den Rückenteil
  • 55cm Reißverschluss teilbar, Kunststoff

Ein Reißverschluss aus Metall wäre optisch sicher schöner gewesen. Allerdings ist die Jacke aus einem so leichten Material, dass ich Angst hatte, sie würde sich durch den schweren Metallreißverschluss verziehen. Deshalb habe ich einen aus Kunststoff verwendet.

Ein paar Tipps zum Nähen von Jaquard

Ich bin ja sonst kein großer Fan von Strickstoffen, aber Jaquard-Jersey ist einfach ein tolles Material.

Zum Anzeichnen benutze ich bei Jersey oder Jaquard die Kreidemaus. Durch das Rädchen muss ich beim Zeichnen nicht auf den Stoff drücken, so dass er sich nicht verzieht. Meine Zauberstifte, die ich sonst verwende waren auf dem dicken, strukturierten Stoff nicht gut sichtbar.

Meine ersten Paspeltaschen

Es vergeht ja kein Nähprojekt, ohne dass ich etwas Neues lerne: Bei dieser Jacke habe ich gleich eine ganz neue Technik ausprobiert: Das Nähen von Paspeltaschen. Liest man die Nähanleitung, erscheint es wahnsinnig kompliziert. Dann habe ich aber das Youtube-Video dazu von PiexSu angeschaut und schon war es ganz einfach. Wie das genau funktioniert bei einer Jacke und wie ich mir das beigebracht habe, berichte ich demnächst in einem seperaten Blogbeitrag.

Fazit

Der Blouson, oft auch einfach nur „College-Jacke“ genannt, ist ein super vielfältiges Kleidungsstück. Egal ob im Vintage-Look mit Petticoat und Bluse oder einfach ganz modern zu T-Shirt und Jeans.

 

Auch wenn ich das Kleidungsstück liebe, würde ich diesen Schnitt nicht noch einmal nähen und kann ihn auch nicht guten Gewissens weiter empfehlen. Mein Blouson ist dank der schlecht kalkulierten Größen für mich etwas zu groß und zu lang geworden, was mich unglaublich ärgert. Dank der Raglan-Form lässt er sich auch vor dem Einsetzen der Ärmel schlecht anprobieren, so dass es schwer ist, während dem Nähprozess schon zu erahnen, wie er am Ende sitzen wird.

Im Nachhinein ärgere ich mich auch, weil ich die Jacke nicht gefüttert habe. In der Nähanleitung ist kein Futter vorgesehen, aber ein Jackenfutter würde bei diesem Schnitt sicher ein paar Vorteile bringen:

  • Die Taschenbeutel wären „versteckt“ im Inneren
  • Nahtzugaben innen nicht mehr sichtbar
  • Die Jacke bekommt etwas Stand und Form, der weiche Jaquard ist so allein schon ziemlich wabbelig
  • Die Jacke wird etwas wärmer und man kann sie auch bei herbstlichen Temperaturen noch tragen. So ist sie ziemlich kalt, selbst als Überzieher für den Innenraum

Ihr seht also, auch bei mir läuft nicht jedes Nähprojekt perfekt.  Dafür hatte ich immerhin viel Spaß beim Fotoshooting mit dem coolen Roller meiner Freundin Anja😊 Ich hoffe einfach, es findet sich eine neue Besitzerin für die Jacke, die vielleicht ein bis zwei Größen mehr trägt und der die Jacke besser passt als mir.

Die Zusammenfassung – Für den eiligen Leser

  • Schnittmuster: Burda Easy Fashion F/S 2014
  • Stoff: Jaquardjersey von Stoffe Hemmers, Fertigbündchen von HamburgerLiebe
  • Nähzeit: 3 Stunden
  • Würde ich diesen Schnitt nochmal nähen? Nein

Das Nähen ging sehr schnell, das Bloggen ging mir bei dieser Jacke dafür gar nicht leicht von der Hand. Es macht einfach nicht so viel Spaß, wenn das entstandene Projekt mir nicht so viel Freude macht. Trotzdem wollte ich darüber berichten – Nähblogs auf denen nur schöne und perfekte Ergebnisse gezeigt werden, gibt es viel zu viele. An den Misserfolgen lernt man außerdem schließlich am meisten.

Mit dem doch befriedigenden Gedanken, wenigstens etwas Nützliches gelernt zu haben, verabschiede ich mich für heute und widme mich meinem nächsten Herbst-Nähprojekt.

Es grüßt
Eure Lasercat

 

Verlinkt beim MeMadeMittwoch

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