Du hast gefühlt tausende Schnittmuster, aber trotzdem nie das Richtige?! Dann ist mein Retro-Schnitt der Woche auf jeden Fall interessant für Dich: Denn diese vier Blusen sind alle nach EINEM Schnitt genäht. Wie das geht und was es mit dem Schnitt aufsich hat, möchte ich Euch heute hier zeigen.

Die „Strauss Sparschnitt“ Werke

Ein ganz besonderer Schatz in meiner Sammlung von Schnitten und Zeitschriften aus den Fünfziger Jahren ist das „Moderne Hausschneidern nach Maß“ Buch des Strauss-Verlags. Es ist ca. um 1955 erschienen und war damals sehr populär in den deutschen Haushalten.

Aber „Buch“ ist vermutlich das falsche Wort dafür. Vielmehr ist es ein Baukasten, um eigene Schnittmuster zu kreiieren. Macht man es auf, entdeckt man diverse Heftchen mit Anleitungen und Inspiration, einen Schnittbogen und eine kleine Pappschablone.

Einer der Gründe, warum die „Sparschnitte“ damals so populär waren, abgesehen vom „Sparen“ durch den wegfallenden Kauf von Schnittmustern war, dass der Baukasten beliebig erweiterbar war. Im Singer-Nähmaschinenladen gab es jeden Monat ein neues Einlageblatt mit dem „Modell des Monats“, einer Kurzanleitung für ein neues, modisches Kleidungsstück das aus dem Sparschnitt erstellt werden konnte.

Das „Moderne Hausschneidern nach Maß“ bekommt man heute nur noch sehr selten in Antiquariaten und noch seltener vollständig. Meine Ausgabe habe ich von der inzwischen verstorbenen Mutter eines Freundes geschenkt bekommen. Alle Hefte, Bögen und die Schablone sind noch enthalten und etwa fünf oder sechs „Modelle des Monats“. Deswegen ist dieser Schnittbaukasten ein echter Schatz für Sammler. Doch ich besitze das Buch nicht nur weil ich es haben will, sondern weil ich auch Schnitte daraus nähe.

4 Blusen aus einem Schnitt

Nach meinem kurzen Exkurs zum Buch wird es jetzt endlich spannend: Die vier hier gezeigten Blusen haben alle den Selben Grundschnitt:

Dieser besteht aus Vorder-, Rücken und Ärmelteil. Er kommt in 8 verschiedenen Größen, die man anhand der Brustweite bestimmt. Der Grundschnitt wird dann abgepaust und auf den eigenen Körper angepasst. Wie damals gerne angewandt, wurde dafür das Papierschnittmuster auf den eigenen Körper gepinnt und dort „anprobiert“ und erweitert, verlängert oder gekürzt.

Ich habe mir übrigens schon meinen „Grundschnitt“ erstellt und daraus sogar schon was genäht. Was genau da entstanden ist, verrate ich demnächst mal hier auf dem Blog.

Aus dem Grundschnitt (Empfehlung: Auf Karton kleben) kann man dann eine Vielzahl an Kleidungsstücken konstruieren mithilfe des „Karostabs“ zum Erweitern und Verändern des Grundschnitts, einem Lineal und der Anleitung im Heft.

4 Möglichkeiten, einen Grundschnitt abzuändern

Bei den zwei oberen Blusen und der unten rechts wird der neue Look hauptsächlich durch eine Veränderung von Kragen und Knopfleiste erzeugt. Das Grundmodell bleibt weitestgehend gleich. Alle drei haben kurze Puffärmel mit Maschette/Aufschlag.

Angesetzter vs. angeschnittener Kragen

Die beiden oberen Blusen haben jeweils einen angesetzten Kragen, einmal spitz und einmal rund. Im Strauss-Modell werden diese Krägen direkt am Halsausschnitt ohne Steg gearbeitet. Das ist eine ganz schön knifflige Angelegenheit und ich bin mir auch noch nicht sicher, ob ich das optisch so gut finde. Mehr dazu erfahrt ihr demnächst im Blogbeitrag zu meiner neusten Vintage-Bluse.

Die unteren Blusen haben einen angeschnittenen Kragen, bei dem Oberkragen und Beleg aus einem Teil genäht sind. Diese Variante habe ich schonmal bei meiner ersten Fifties-Bluse ausprobiert. Wie genau das geht, könnt Ihr hier nachlesen:

Kimono-Style

Ganz besonders spannend ist aber das Modell links unten. Um das zu nähen, wie der klassische Grundschnitt in einen „Kimono“-Schnitt mit angeschnittenen Ärmeln verwandelt. Dadurch erhält er eine komplett neue Grundform. Ich habe keinerlei Ahnung, wie der süße Stehkragen dieser Bluse gearbeitet wird, damit er die hübsche Form wie auf dem Bild behält. Irgendwie muss da ja innenrein ein Beleg kommen…. Aber wie wird der gearbeitet? Ich verstehe die Anleitung auf den ersten Blick nicht wirklich. Wie auch immer – Vielleicht werde ich es eines Tages ausprobieren.

Welcher Stoff für die Blusen?

Zur Stoffart gibt es in dem Werk keinerlei Hinweise. Hier ist die fähige Hausfrau selbst gefragt: Eigentlich eignen sich für alle Blusen Baumwollstoffe aller Art: Für die zwei oberen Modelle eher Stoffe mit einem weicheren Fall, für den Kimono-Look glaube ich, ein Stoff mit etwas Stand würde sich gut eignen.

Ich persönlich bin bei der Wahl des richtigen Stoffs aber etwas ratlos, irgendwie habe ich ohne Vorgabe, wie fest oder schwer der Stoff sein muss, immer etwas Angst den Falschen zu verwenden.

Warum ich von dem Schnitt-Baukasten so begeistert bin

1955 war das Selbernähen noch eine günstige Alternative zum Kleiderkauf. Kleidung war sehr teuer und in der Nachkriegszeit außerdem oft einfach nicht verfügbar. Wer außergewöhnliche und schöne Kleidung aus den wenigen verfügbaren Materialien haben wollte, musste reich sein oder eben gut nähen können.

Heutzutage gibt es im Internet tausende Varianten von immer wieder dem selben Schnitt – Gefühlt kommen jedentag massig Schnittmuster heraus und immer wieder sind sie irgendwie ähnlich. Kein Label oder Verlag würde sich diesen Gewinn heutzutage entgehen lassen, indem sie ein Baukastensystem herausbringen, mit dem man all diese Varianten selbst konstruieren kann. Da würde ja keiner mehr all die neuen Modelle und Varianten kaufen 🙂

Mir gefällt es also sehr gut, dass man mit so einem Baukastensystem den „Schnittmusterkommerz“ umgehen und sich seine Schnitte einfach selbst konstruieren kann. Außerdem habe ich bei meinem ersten Versuch mit dem „Strauss Sparschnitt“ eine Menge über Konstruktion und Schnittführung gelernt – Absolut faszinierend, was man nach so vielen Jahren als Hobbyschneiderin noch lernen kann!

Und wie sieht das jetzt in echt aus?

Gezeichnet sehen die Blusen klasse aus – An den Figuren perfekt gemalter Frauen mit schmaler, niedrig sitzender Taille. Jetzt ist die spannende Frage: Wie sehen sie in echt aus, an einer echten Frau?

Diese Frage werde ich hier im Beitrag aber nicht beantworten können, denn ich habe noch keine dieser Blusen genäht. Ob sich das ändern wird? Ich weiß es noch nicht. Aber ich möchte Euch nicht vorenthalten, dass ich demnächst mal über meine erste Näherfahrung mit dem Strauss Sparschnitt hier berichten werde. Bleibt also dran und bleibt gespannt.

Eure
Lasercat

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