Ja, es ist bald Halloween – Doch ich muss Dich enttäuschen – Ich habe mich nicht beim Nähen als Gespenst verkleidet. Trotzdem hat das weiße Leintuch meine Punktebluse gerettet.
Mein neues Wickelkleid?!
Eigentlich wollte ich ja gar keine Bluse nähen. Dieser schöne Punkte-Batist sollte nämlich eigentlich ein Kleid werden. Mein letztes Wickelkleid, das „Wrap Dress“ aus „Gertie sews vintage casual“ war mir für diesen fließenden Stoff irgendwie zu gerade und einen Kragen wollte ich auch nicht an mei-nem neuen Kleid haben. Also habe ich den Schnitt kurzerhand abgeändert, so dass am Ende nichts mehr vom ursprünglichen Schnitt übrig geblieben ist.
Mein neuer Wickelkleider-Schnitt:
- Lange, weite Ärmel mit einem Schlitz und einem kleinen Bund mit Knopf
- Kein Kragen, die Kanten des Oberteils werden mit dem Beleg verstürzt
- Der Rock besteht nicht mehr aus drei gleichen, rechteckigen Teilen. Es gibt jetzt einen „hinteren Rockteil“, einen „unteren vorderen Rockteil“ und einen „oberen vorderen Rockteil“. Der untere Rockteil vorne geht komplett von einer Seitennaht zur anderen, so dass auch bei Wind die Beine nicht freigelegt werden
- Der obere Rockteil ist vorne geschwungen und wird wie das Oberteil mit einem Beleg verstürzt
- Der komplette Rock wird nicht eingereiht, sondern in Falten gelegt
- Die Nahttaschen sind natürlich noch dran, ich sage nur #ithaspockets
Nachdem ich also richtig viel Zeit in die Konstruktion des Rock-Schnittes investiert hatte, konnte ich es kaum abwarten, endlich anzufangen. Als ich meinen Punktestoff dann aber ausbreitete, kam die große Ernüchterung. Diese 1,5m Stoff reichten nicht mal ansatzweise für ein Kleid.
Deswegen muss ich Euch mit der Premiere meines eigenen Wickelkleid-Schnitts auf einen anderen Beitrag vertrösten. Genäht habe ich nämlich nur das Oberteil des Kleids mit den langen Ärmeln als Wickelbluse. Die Bluse passte gerade so auf meinen Stoff:
Das Material
- Batist gepunktet aus Baumwolle, gekauft bei Stoffe-ABC
- Schwarzes Nähgarn
- Microtex Nadel 70er
- Bügeleinlage (Gewebeeinlage) schwarz
- Druckknopf
- 2 kleine weiße Knöpfe für die Ärmel aus meinem Fundus
Wie das Gespensterlaken den Krabbelstoff bändigte
Batist ist eigentlich ein absoluter Traumstoff für Kleider und Blusen: Er fällt weich und fließend und fühlt sich toll auf der Haut an. Obwohl er sehr leicht ist, ist er meist undurchsichtig. Doch dieser Stoff hat ein dunkles Geheimnis:
Wenn er die Schere sieht, packt ihn die Angst und will man ihn zuschneiden, so zieht und schiebt er sich in alle möglichen Richtungen davon. Da kann nur noch ein Geist helfen.
Diesen Trick habe ich von meiner Mutter gelernt: Bei dünnen und krabbeligen Stoffen wie Seide, Chiffon oder eben rutschigem Batist hat sie immer eine alte Tischdecke auf ihren Schneidertisch unter den Stoff gelegt und den Stoff zum Zuschneiden daran festgesteckt. Der etwas gröbere Stoff unter dem Krabbeligen sorgt dafür, dass letzerer sich nicht so stark wegbewegen kann, wie auf der glatten Tischoberfläche.
Da ich grade weder Tisch noch Tischdecke in passender Größe zur Hand hatte, habe ich ein altes Leintuch aus dem Schrank geholt, gebügelt und auf dem Boden ausgelegt. So ließ sich der Batist wunderbar zuschneiden.
Pass auf, wo Du Deine Stecknadel hinsteckst!
Und erst Recht die Nadeln der Nähmaschine! Schon beim Zuschnitt habe ich gemerkt, dass mein Stöffchen auch ein Sensibelchen ist. Ich habe abends zugeschnitten, als es bereits düster im Nähzimmer war und nur das Licht der alten Deckenleuchte schummrig auf den Stoff schien. Daher bemerkte ich erst gar nicht, was es mit den Stecknadeln und dem Stoff auf sich hatte. Meine älteren und womöglich stumpferen Stecknadeln ließen sich gar nicht erst in den Stoff stecken. Irgendwie spürte ich da einen leichten Widerstand im Stoff. Da ich aber den Zuschnitt beenden und endlich schlafen wollte, habe ich das nicht weiter beachtet und einfach meine neuen, spitzeren und schärferen Stecknadeln verwendet.
Am nächsten Tag startete ich bei Tageslicht frisch und ausgeruht ans Werk und setzte mich an die Nähmaschine. Gestartet habe ich mit einer 70er Allzweck-Nadel. Schnell bemerkte ich aber, dass sich immer wieder beim Nähen kleine Fäden gezogen haben, die eine Art Laufmasche im Stoff erzeugten. Auch an einigen kleinen Stellen, an denen ich Stecknadeln im Stoff hatte, gab es einige kaputte Fäden. Da erkannte ich, dass diesem Stoff nur mit sehr feinen und sehr spitzen Nadeln beizukommen ist. Schließlich griff ich zur Microtex-Nadel. Die ist besonders fein und spitz und daher für „schwierige“ Stoffe aller Art geeignet.
Zum Glück fallen die zwei kleinen Laufmaschen die man sieht auf dem Punktestoff kaum auf. Für’s nächste Mal und für Dich, kann ich bei solchen Stoffen nur folgenden Rat geben:
- Wenn möglich, immer nur in der Nahtzugabe stecken. Da sieht man hinterher die Löcher nicht.
- Sehr feine, spitze Stecknadeln verwenden. Ich habe mal gehört, es gibt spezielle Seidenstecknadeln, die ganz besonders fein sind
- Nähen mit einer neuen Microtex-Nadel auf der Maschine
Die Bluse nähen
Genäht war das Ganze relativ schnell. Da ich das Wickelkleid schonmal genäht hatte, war die Nähanleitung kein Rätsel mehr für mich.
Die Schulternähte und Armlöcher habe ich mit Bügeleinlage verstärkt, damit sich nichts verzieht:
An den Ärmeln habe ich unten einen kleinen Bund angesetzt und den mit kleinen weißen Knöpfen geschlossen. Da die Ärmel hochgerollt nicht gut aussehen, sind es keine „echten“ Knöpfe mit Knopfloch, sie sind nur dekorativ aufgenäht.
Fazit: Fast noch besser als ein Kleid!
Eigentlich sollte ich traurig sein, weil aus meinem schönen, selbst entworfenen Wickelrock-Teil nichts geworden ist. Doch es fällt mir schwer, denn statt dessen habe ich jetzt eine Bluse, die ich sowohl zur Jeans als auch zum Rock oder über einem kurzärmligen Kleid tragen kann.
Die Bluse selbst ist wirklich hübsch geworden und passt auch sehr gut. Besonders gut gefallen mir die Ärmel mit dem Schlitz und dem Bündchen untendran. Obwohl sie weder puffig noch überdimensional weit sind, haben sie was von Statement-Ärmeln. Die Bluse selbst ist bequem zu tragen, im Sommer mit einem Top untendrunter, im Winter geht sie auch mit einem weit ausgeschnittenen Merino-Longsleeve. Die passenden Schuhe zur Bluse habe ich übrigens auch schon. Auf dem Bild tarnen sie sich gerade in den Punkten. 😊
Die Zusammenfassung für die Vergesslichen und Lesefaulen:
- Schnittmuster: Selbst gemacht auf Basis von Gertie’s Wrapdress
- Stoff: Punkte-Batist von Stoffe-ABC
- Nähzeit: Ungefähr 6 Stunden insgesamt
- Wiederholungspotential: Absolut, aber nächstes Mal dann wirklich als Wickelkleid
Wie man an diesem Nähprojekt schön sieht, kommen die Dinge oft anders, als man sie so plant und am Ende wird doch alles gut. Mit etwas Kreativität findet jedes Stoffstück irgendwann seine Bestimmung.
Fröhliches Nähen wünscht Euch
Eure Lasercat
[…] alten Bettlaken als Unterlage zum Zuschneiden verwendet. Wie ich da genau arbeite, hatte ich mal in diesem Artikel beschrieben. Am Ende hatte ich dann alles beisammen: Alle Teile aus Satin, Spitze und für das […]