Eigentlich wollte ich über dieses Projekt nicht bloggen – Niemals. Derart unzufrieden hat mich diese Hose gemacht, als sie endlich fertig war. Nun habe ich es trotzdem getan. Dies ist ein Nähprojekt zum Mitfühlen und Lernen – Meine allererste richtige Hose.

Wie ich bereits einleitend schrieb – Ich war bis zum letzten Donnerstag überzeugt, niemals über dieses Projekt bloggen zu wollen. Doch dann – an eben jenem Donnerstag, las ich gemütlich mit einer Tasse Tee in der Hand in meinen Lieblingsnähblogs, als ich bei der Überschrift des Dezember-Mottotags aus dem Jahre 2017 vom MeMadeMittwoch hängenblieb. Dort stand nämlich
„(M)ein großer Reinfall am 6.12.2017“. Es gab zwar keinen Link mehr zu den Postings aus diesem Jahr und 2017 ist schon lange vorbei, aber die Überschrift ist mir im Gedächtnis geblieben.

Als BloggerIn ist es leicht, alles irgendwie nett zu fotografieren. Egal wie untragbar ein genähtes Kleidungsstück ist, man kann alles irgendwie für Instagram aufhübschen. Beautyfilter drüber und schon sieht es nach was aus. Aber so ist das doch in der realen Welt nicht. Jede/r von Euch, der/die näht, weiß das. Schnittmuster kann man nunmal nicht vorher anprobieren und manchmal sehen sie am Model so toll aus und in der Realität so mau. Ein Kleidungsstück auf die individuelle, menschliche Körperform anzupassen ist nicht umsonst ein eigener Ausbildungsberuf. Das erfordert Mühe und Übung. Und gerade uns Hobbyschneiderinnen gelingt das nicht immer. Manchmal geht es auch total daneben. Und genau über dieses Thema möchte ich heute schreiben – Dass nicht alles am Ende so perfekt ist, wie auf den Fotos. Und dass auch ich manchmal Sachen nähe, die nicht passen.

Die Hose

Hose mit hohem Bund und Abnähern

Warum habe ich noch nie eine Hose genäht?
Hosen sind nicht gerade meine Lieblingskleidungsstücke. Schon im Geschäft finde ich nur sehr selten eine Hose, die mir wirklich passt und dann auch noch gut aussieht. Entweder sie sind am Bund viel zu weit oder an den Beinen viel zu eng. Ich besitze eigentlich nur Stretch-Hosen und Jeggings (Leggings und Jogginghosen zähle ich nicht als Hosen, da habe ich meine Prinzipien 🙂 ) Jedenfalls bin ich der Meinung, dass ich keine gute Hosenfigur habe. Ich habe keine schönen Beine und keinen erkennbaren Hintern, dafür aber viel Hüftumfang. Hosen lenken den Blick in der Regel direkt auf Hüfte und Oberschenkel und betonen damit nicht gerade meine Schokoladenseite. Deswegen fühle ich mich in Kleidern und Röcken einfach besser.

Trotzdem wollte ich immer schonmal herausfinden, ob ich mithilfe meiner Nähfähigkeiten nicht doch mal eine Hose zaubern könnte, die mir wirklich gut passt und dann natürlich auch gut aussieht. Hosen gelten allerdings nicht umsonst als das schwierigste Nähprojekt überhaupt, neben Korsetts und Mänteln. Bei einer Hose sieht man direkt auf den ersten Blick, wenn sie nicht richtig sitzt, dann bilden sich Falten oder Stoffwülste wo keine sein sollten, meistens im Schrittbereich oder der Rückseite.

Der Plan: Ich hole mir fähige Unterstützung

Im Sommer 2020 hatte ich einen Nähkurs gemacht, geleitet von einer richtigen Schneidermeisterin. Um dort auch möglichst viel zu lernen, hatte ich mir dafür ein Projekt ausgesucht, dass ich mir allein bislang noch nicht zugetraut hatte: Ich wollte mir eine Hose nähen, die mir richtig gut passt. Da ich im Kurs ja Unterstützung hatte, war ich davon überzeugt, ich würde endlich lernen, wie man Hosen näht.

Das Schnittmuster

Dieser Schnitt stammt aus der Burdastyle 10/2006. Ich habe ihn beim Durchblättern zufällig entdeckt und fand ihn direkt interessant. Die Highwaisthose ist gerade geschnitten und hat keine Bügelfalte. Am Bund wird sie mit kleinen, abgesteppten Falten auf Taille gebracht. Die Hose wird mit einem nahtverdeckten Reißverschluss an der Seite geschlossen.

Vielleicht lag es daran, dass Highwaist-Hosen derzeit in allen Geschäften hängen und durch die Nähblogs ziehen, oder einfach daran, dass ich noch nie eine solche Hose besessen oder anprobiert habe – Jedenfalls kann ich im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen, warum ich mir für meine allererste Hose ausgerechnet dieses Modell ausgesucht habe. Ich dachte, durch die Abnäher und den hohen Bund würde die Hose bestimmt meiner Figur sehr schmeicheln…

Das Schnittmuster habe ich als Vorbereitung für den Nähkurs in Größe 40 abgepaust und direkt mitgebracht um es anzupassen. Ich war am ersten Kurstag super gespannt: Nun sollte ich endlich lernen, was eine schlecht sitzende Hose von einer gut sitzenden unterscheidet und wie man so einen Hosenschnitt richtig anpasst. Zusammen mit der Kursleiterin habe ich dann erstmal den Schnitt ausgemessen und am Muster angepasst. Dabei haben wir bereits die Schrittlänge der Hose ziemlich gekürzt. Die Taille war leider auch viel zu weit, so dass wir versucht haben, über Abnäher und Seitennähte noch etwas mehr Weite rauszunehmen.

 

Schnittmuster für High Qiast hose

Was wurde am Schnitt verändert?

  • Schrittlänge gekürzt
  • Taille verringert durch kürzen an der Mittelnaht, den Seitennähten und Erweitern der Abnäher

Nähen der High Waist Hose

Das Schwierigste an dieser Hose war definitiv das Zuschneiden. Im Nähkurs haben wir einen ganzen Kursabend gebraucht, um die Teile so zuzuschneiden, dass das Muster richtig passt. Karos sind nunmal nicht ganz so einfach zu matchen. Hier habe ich tatsächlich ein paar tolle Tricks gelernt, mit denen man Karo-Muster nicht nur quer, sondern auch längs zueinander passend zuschneiden kann. Diese teile ich gerne mit euch in einem anderen Beitrag bei einem Projekt, das mit besser gefällt.

Der Stoff ist übrigens ein sehr fester Romanit-Jersey. Gekauft habe ich ihn in der Stoffgalerie Rust, meinem lokalen Stoffdealer. Der Stoff wurde mir im Laden übrigens zu diesem Schnitt empfohlen. Im Nachhinein frage ich mich, ob diese Empfehlung wirklich gut war.

Auch beim Nähen hatte ich wieder die Herausforderung, dass die Karos perfekt aufeinander passen mussten. Hier habe ich viel gesteckt und viel geheftet. Da die Hose weder über Taschen, noch über einen Bund verfügt, waren die Arbeitsschritte beim Nähen selbst aber recht einfach.Als erstes wurden die Falten genäht, dann die Innen- und Außenbeinnähte, dann wurden die Beine ineinander gesteckt und die Schrittnaht genäht. Zum Schluss wurde der Hosenbund dann noch mit einem Beleg verstürzt und der nahtverdeckte Reißverschluss an der Seite eingenäht.

Erste Anprobe, erste Enttäuschung

Noch im Nähkurs habe ich die Hose anprobiert, bevor ich den Bund verstürzt habe. Nach all den Anpassungen am Schnittmuster war ich überrascht, dass die Hose so schnelcht saß. Die Schrittlänge war immer noch viel zu lang, vorne hing der Stoff seitlich herunter. Um den Bauch herum war sie außerdem viel zu weit und stand hinten am Rücken ab.
Also habe ich direkt nochmal nachgearbeitet. Die Schrittlänge nachträglich zu kürzen, ist allerdings nur bedingt möglich. Immerhin „fehlt“ ja zwischen den Beinen Stoff, wenn der Schritt der Hose nach oben versetzt wird. Trotzdem haben wir es geschafft, immerhin noch ein paar Zentimeter rauszuholen. Danach habe ich die Hose dann über die Abnäher, die Seiten- und die Mittelnaht noch einmal etwas enger genäht, um den Bund passender zu machen.

Hose die um die Hüfte nicht passt

Am Ende ging nichts mehr

Den Rest des Kurses verbrachte ich damit, die Hose immer wieder abzuändern. Als der Nähkurs zu Ende war, passte die Hose immer noch nicht. Zwar konnte ich erfolgreich die Weite um den Bauch herum anpassen, die Schrittlänge ließ sich nachträglich allerdings nicht mehr weiter nach oben korrigieren. Irgendwann kam auch der Punkte, an dem ich keine Lust mehr hatte, die Hose nochmal aufzutrennen und ich habe sie dann einfach fertig genäht.

Passt schon?! Eher nicht…

Als die Hose dann fertig war und ich sie das erste Mal vor dem Spiegel anzog, kam die große Enttäuschung. Wenn ich gerade stehe und die Hose vorher glattstreiche, sieht sie tatsächlich nach einer sexy Marlene-Hose aus. Aber sobald ich mich darin bewege ist direkt ersichtlich, dass diese Hose nicht richtig passt. So gar nicht. Das was man da im Schritt an Falten sieht, ist kein Katzenbart, das ist eine Armee von Zombiekatzen. Die Abnäher aus dem Taillenbereich sind zwar perfekt gearbeitet und ausgebügelt, aber auf dem leicht schimmernden Stoff werfen sie trotzdem komische Schatten. Beim Laufen und Sitzen entstehen im Schrittbereich lauter Falten an Stellen, an denen keine sein sollten. Die Hose rutscht außerdem leicht nach oben, woraus ersichtlich ist, dass die Schrittlänge nicht stimmt.

Auch von hinten passt die Hose nicht richtig. Der „Hintern“ der Hose ist viel zu weit geschnitten und hängt ein wenig herunter, weswegen sich auch auf der Rückseite bei jeder Bewegung unpassende Falten bilden. Außerdem sieht mein Hintern in diesem Schnitt nicht gerade vorteilhaft aus. Um sowas zu tragen braucht man definitiv einen ausgeprägteren Po.

Highwaisthose selber nähen

Marlenehose von hinten

Highwaisthosen sind Stehhosen!

Ich habe mir im letzten Sommer dann tatsächlich noch eine Second Hand High Waist Jeans über Vinted gekauft, weil ich unbedingt wissen wollte, ob dieser Hosentyp tatsächlich so schrecklich an mir aussieht. Immerhin sind Hosen mit hohem Bund superbequem, sie rutschen nicht runter und man kann in die Hocke gehen, ohne den Hintern zu enthüllen – Eigentlich super praktisch für den Mutti-Alltag – Solange man sich nicht auf einen Stuhl setzen muss. Sobald man sich nämlich mit einer High Waist Hose setzt, bilden sich vorne am Baum Falten und die Hose sackt nach unten, egal wie weit sie ist und egal wie gerade man den Rücken hält. Das verpasst dem Bauch direkt eine optische Vergrößerung, außerdem kneifen die Falten der Hose und der Bund unangenehm in den Speck. Also kam die High Waist Jeans wieder weg.

Schnitt und Stoff waren keine gute Wahl

Ich möchte bei diesem Nähfail nicht alles auf den Nähkurs schieben. Die Lehrer sind nicht immer schuld an den schlechten Noten. Das Schnittmuster habe ich hier wirklich nicht optimal ausgewählt. Die Abnäher vorne mögen einen netten Effekt ergeben, aber sie lenken den Blick auch genau auf meine Problemzone. Die „glatte“ Rückseite der Hose ohne Taschen oder Bund ist auch nicht gerade vorteilhaft. Überhaupt hat die Hose keine Taschen – Das ist für den Alltag vollkommen unpraktisch.

Beim Stoff hatte ich von Anfang an meine Zweifel, aber er hat mir irgendwie gefallen, außerdem habe ich auf die Beratung im Stoffgeschäft vertraut. Der Stoff ist zwar weich und fließend, zeichnet aber durch seine leicht stretchige Eigenschaft jede Hautfalte nach. Außerdem hat er eine leicht glänzende Oberfläche, wodurch jegliche Falten an der Hose hervorgehoben werden. Da der Stoff recht dick ist, ließen sich auch die Abnäher nicht besonders sauber nähen und bügeln. Aus meiner Sicht wäre dieser Stoff für eine Jeggings wesentlich besser geeignet gewesen.

Learning by Doing

Manche Dinge kann man einfach nicht vorher wissen –  Man muss sie erst selbst erfahren, um sie zu lernen. So verhält es sich bei mir und dieser Hose. Sie mag zwar richtig gut genäht sein, aber für mich ist sie einfach nicht anziehbar. Ich finde weder den Typ Hose, noch die Passform schön. Auf den Fotos diverser Vintage-Bloggerinnen mögen Marlene-Hosen zwar sexy aussehen, ich mag sie an mir aber nicht. Ganz abgesehen davon, dass die Hose mir auch nicht richtig passt.

Auch beim Nähen läuft eben nicht immer alles rund und nicht alles wird perfekt und schön. Das ist einfach so und ich als Bloggerin finde es wichtig, auch darüber zu schreiben. Wir Blogger/innen sind in der Regel keine Meisterschneider/innen und es geht oft auch mal was daneben. Dazu kann und sollte man stehen.

Obwohl diese Hose für mich ein absoluter Nähfail ist, habe ich doch eine Menge gelernt:

  • Wie man Karomuster an einer Seitennaht richtig matcht, damit sie in Längs- und Querrichtung gut zusammenpassen
  • Wie man einen Hosenschnitt richtig ausmisst, zumindest in der Theorie
  • Schmale Falten richtig nähen und ausbügeln

Im Moment bin ich nicht sehr motiviert, mir noch eine Hose zu nähen. Ich bin mir aber fast sicher, dass es mich irgendwann wieder überkommt, noch einen Versuch zu wagen.

Was werde ich bei meiner nächsten Hose anders machen?

  • Erstmal würde ich ein ganz anderes Modell wählen – Mit normalhohem Bund und Taschen! Defintiv keine Abnäher oder Details auf der Hüfte
  • Ich würde als erstes Mal ein Probeteil nähen, um damit die Schrittlänge richtig bestimmen zu können
  • Die Position der Taschen würde ich auch an mir selbst abstecken, so wie ich es hier bei meiner Jeggings gemacht habe.
  • Ich würde einen anderen Stoff wählen, gerne mit Stretch, aber wesentlich dicker, mit einer matten Oberfläche
  • Ich werde ich auf jeden Fall Gürtelschlaufen annähen.

Was war dein größter Nähfail im letzten Jahr? Bitte hinterlasse mir einen Kommentar, ich bin schon super gespannt auf Eure Antworten 🙂

Und weil am Ende jeder Fail doch irgendwas Cooles mitsich bringen sollte, habe ich aus den Stoffresten noch ein schickes Haarband genäht. Das passt wenigstens und sieht gut aus

Haarband selber nähen