Kleider aus bunten Jerseys in wenigen Stunden zu zaubern liegt voll im Trend – Aber Löcher stopfen? Risse nähen? Strumpfhosen flicken? Aufgegangene Nähte wieder schließen? Nachwievor eher was für Omas. Dabei ist das Reparieren von Kleidung nicht nur nachhaltig, es macht auch Spaß und sorgt für ein unbeschreibliches Glücksgefühl, wenn Dein Lieblingsteil plötzlich wieder heil ist.
Natürlich nähe auch lieber tolle neue Lasercat-Kleider, als meine alten Socken zu stopfen. Aber leider besteht das Leben nicht nur aus funkelnden neuen Seidenstoffen, sondern auch aus kleinen Missgeschicken. Einmal kurz hängen geblieben und schon ist ein Riss in der Lieblingsbluse! Manche Materialien sind auch einfach nicht für die Ewigkeit gemacht – Billiges Nähgarn löst sich nach fünf Jahren langsam auf und so rächt sich der Geiz bei alten Nähprojekten oft Jahre später. Manchmal sind die Stoffe aber auch einfach abgetragen oder durchgescheuert. Aber Mutti sagte mal „So lange es noch nicht auseinander fällt, kann man noch was draus machen!“
Hier zeige ich Dir ein paar Techniken zum Stopfen von Löchern und Rissen, die ich über die Zeit so gelernt habe und die mir immer wieder nützlich sind.
Was Du über das Stopfen wissen solltest
- Ganz grundlegend -Man sollte Risse und Löcher direkt stopfen und nicht warten, bis sie komplett ausgerissen sind!
- Das richtige Stopfgarn verwenden! Für Baumwollkleidung Baumwollgarn, für Synthetikfasern Synthetikgarn, für Wolle eben Wollfäden.
- Immer von Links stopfen, also von der Innenseite, außer die Stopfnaht oder der Flicken hat einen dekorativen Effekt
Nützliche Stopf-Helfer
- Stopfei – Ein Ei aus Holz, das man unter die zu stopfende Naht legt. So hat man einen guten Überblick über die Stopfstelle und vermeidet, dass Stoff mitgefasst wird, der auf der anderen Seite liegt
- Stopfpulver – Eine Art Fixierpulver, das sich beim Bügeln in Kleber verwandelt. Man kann damit z.B. Flicken auf dem Stoff fixieren. Herkömmlicher Stoffkleber oder Rest von Saumfix tun es aber auch. Ich selbst habe noch nie Stopfpulver besessen 🙂
Einen kleinen Riss stopfen
Ein kleiner Riss (kleiner 2-3cm), der noch nicht sehr ausgefranst ist, ist kein Drama. Der lässt sich nämlich ganz einfach mit der Nähmaschine flicken.
Ich habe hier bewusst ein Beispiel ausgesucht, bei dem ich ein etwas dunkleres Garn verwendet habe. Ich hatte gerade keins in einer perfekt passenden Farbe und dachte, anhand des dunkleren Garns kann ich Dir besser zeigen, wie der Stopfstich am Ende aussieht.
Einlage aufbügeln
Als erstes wird der Riss „unterfüttert“, damit er nicht weiter ausreißen kann. Bei so kleinen Rissen geht das am einfachsten mit einem Stück Bügeleinlage. Für solche Projekte lohnt es sich, die kleinen Reste der Gewebeeinlage von den großen Nähprojekten aufzuheben.
Stopfen mit der Nähmaschine
Neben den sogenannte „Stopfstichen“ (siehe weiter unten), eignet sich gerade für kleinere Risse und dünne Stoffe auch der sogenannte „Wabenstich“ der Nähmaschine.
Ich habe zweimal mit dem Wabenstich über den Riss genäht und dabei darauf geachtet, auch die Randbereiche „mitzunehmen“ und so den Riss zu versiegeln.
Mit einem Garn in der selben Farbe des Stoffs wäre der Riss nun fast unsichtbar. Durch das dunklere Garn sieht man zwar nun die gestopfte Stelle, da sie sich aber im Schrittbereich der Kinderhose befindet, ist sie auch so unsichtbar platziert. 🙂
Größeren Riss flicken
Wie man einen größeren Riss, zum Beispiel in einer Jeans mit einem Stoffflicken von Innen stopft, habe ich vor langer Zeit schon einmal in einem eigenen Blogbeitrag festgehalten:
Riss in einer Strumpfhose stopfen
Eine Strumpfhhose zu stopfen kann knifflig sein – Hier geht es nämlich um sogenannte „Maschenware“, also Strick. Bei industriell gestrickten Kleidern kann man da zwar auch großflächig um den Riss stopfen, erzeugt damit aber einen Knubbel auf bzw. in der Strumpfhose. Daher ist diese Vorgehnsweise bsser:
Strumpfhose wenden – Gestopft wird von Innen
Damit der Riss später fast unsichtbar wird, wird er von Innen gestopft.
Stopfei unter den Riss schieben
Dann kommt das Stopfei zum Einsatz. Das Holz-Stopfei sorgt dafür, dass man den Stoff um den Riss etwas dehnen kann. So kann ich erkenne, welche der Maschen noch intakt sind.
Maschen zusammennähen
Dann hake ich die Nadel vorsichtig in die jeweils noch intakten Maschen am Rand des Risses ein und erzeuge so eine Leiterstich, den kompletten Riss entlang.
Danach drehe ich die Strumpfhose wieder auf die rechte Seite. Der Riss ist gestopft und fast nicht mehr sichtbar.
Strickware richtig stopfen
Strickstoffe – Insbesonders eher grobgestrickte und selbst gestrickte Materialien zu stopfen kann sehr knifflig sein. Da dieses Material aus Maschen und Schlingen besteht, kann man nicht einfach irgendwo rund um den Riss mit der Nadel einstechen – Im Schlimmsten Fall wird dadurch der Strick noch mehr beschädigt oder zieht sich auf. Deshalb ist es hier wichtig, die noch „heilen“ Maschen rund um das Loch oder den Riss zu nutzen, und einen Faden in der selben Dicke wie die Strickwolle hindurchzuziehen. Wie das geht, zeigt diese Übersicht aus einem meiner ältesten Nähbücher
Stopfstiche und Flickstiche
Die meisten Haushaltsnähmaschinen haben heutzutage ein gutes Repertoire an Stopf- und Flickstichen. Trotzdem ist es hilfreich zu verstehen, wie diese aufgebaut sind. Gerade bei größeren Löchern oder empfindlichen Stoffen, ist nämlich trotzdem noch immer Handarbeit gefragt.
Bild 5 – Einen Riss stopfen
Die Stopfnaht beginnt etwa 1 cm vor dem eigentlichen Riss, dort wo das Gewebe noch intakt ist. Dann führt man den Faden quer zur schadhaften Stelle ich kleinen Stichen in einer Schlangenline über die eingerissene Stelle. Immer wenn man dabei zu dem Riss kommt, macht man drei kleine Stiche übereinander, direkt über dem Riss, um diesen zu schließen. Am einfachsten geht das, wenn man unter die zu stopfende Stelle ein Stück Stoff, oder bei dünnen Stoffen ein Stück Gewebeunterlage unterlegt. Man kann diesen „Unterflicken“ stecken, heften oder mit sogenanntem „Stopfpulver“ befestigen.
Diesen Stopfstich können übrigens auch die meisten Haushaltsnähmaschinen!
Bild 6 – Einen L-Riss stopfen
Hier ist es wichtig, etwas unterzulegen und festzubügeln, am besten Gewebeneinlage oder eben einen Flicken! Denn dieser L-Förmige Riss zieht den Stoff unschön zusammen, wenn er nicht richtig gestopft ist! Die Technik funktioniert genauso wie bei dem geraden Riss, nur dass man eben einmal in der Längsrichtung und einmal Quer die Stopfnaht setzt. Bei diesem, aber auch bei dem Stich aus Bild 5 empfehle ich übrigens sehr dünnes Garn zu verwenden, da die Naht sonst sehr dick und auffällig wird.
Bild 8 – Der Flicken
Wenn die beschädigte Stelle am Stoff so groß ist, dass man sie nicht mehr stopfen kann, hilft nur noch ein Flicken. Du kannst einen Flicken möglichst unsichtbar von der Innenseite aus einem gleichen oder Ähnlichen Stoff nähen oder in einem passenden Kontraststoff auf der Außenseite.
Der Flicken sollte so groß sein, dass er die Schadhafte Stelle abdeckt und dort befestigt wird, wo das Gewebe noch intakt ist. Wichtig ist, dass der Fadenlauf des Flickens dem des Kleidungsstücks folgt! Damit der Flicken nicht ausfranst, wird er hier auf dem Bild an den Enden nach Innen umgebügelt. Du kannst ihn aber auch mit der Overlock versäubern oder mit dem Zickzackstich Deiner Nähmaschine. Je nach Riss und Stoff kannst Du den Flicken dann entweder rundherum mit kleinen Stichen festnähen, oder fast unsichtbar mit einem Blindstich am Rand des Flickens entlang.
Ist das Loch unübersehbar? Kein Problem?
Denn auch aus einem hässlichen Loch lässt sich noch etwas Schönes, Dekoratives zaubern. Dann ist es kein „Loch“ mehr sondern „Design. Ein paar tolle Ideen, was man aus Löchern so machen kann, findest Du hier:
Stopfen? Nicht nur für Omas!
Dieses Bild stammt aus meinem ältesten Nähbuch von 1935. Dort finden sich, neben einer Beschreibung der wichtigsten Stopfstiche auch einige grundlegende Tipps.
Der wichtigste Tipp aus dem Buch kommt ganz zu Beginn und bei mir zum Schluss: Man sollte Risse und Löcher direkt stopfen und nicht warten, bis sie komplett ausgerissen sind!
Fazit: Stopfen lohnt sich!
Es mag nicht so cool sein wie Kleider nähen – Aber diese Fähigkeit sorgt dafür, dass Du extrem lange Freude an Deinen selbstgemachten wie auch den gekauften Sachen hast. So kannst Du kleine Missgeschicke unsichtbar wieder versiegeln, aufgegangene Nähte wieder schließen und sogar kleine Nähfehler wieder verschwinden lassen.
Am wichtigsten aber ist – Es macht Deine Mode länger tragbar und damit nachhaltiger! Kleidung wegen einem kleinen Loch gleich wegzuwerfen ist pure Ressourcenverschwendung. Sinnvoller ist es, Kleider „aufzutragen“ und dann wenn sie wirklich „auseinander fallen“ oder so verwaschen sind, dass sie nicht mehr tragbar sind, zu Putztüchern zu verarbeiten oder – Falls aus recyclingfähigem Material – recyceln zu lassen.
Ich hoffe, ich konnte Euch mit diesem Beitrag für das Stopfen und Flicken begeistern und dazu motivieren, Zeit in diesen nützlichen Näh-Skill zu investieren.
Eure Lasercat