Silvester war dieses Jahr sehr gemütlich. Ich hatte weder einen Butler, noch imaginäre Freunde eingeladen, bin aber immerhin zweimal über die Katze gefallen zwischen den Jahren. Nach Krankheit und Weihnachtsstress war mir zum Jahresende einfach nicht nach Abendkleid. Deshalb habe ich mir einen Pyjama genäht.
Warum ein Schlafanzug?
Früher waren meine „Schlafanzüge“ alte T-Shirts von meinem Mann und Leggings mit Löchern, die man tagsüber nicht mehr tragen konnte. Bis zu jedem Tag, an dem ich in einem Ausverkauf einen Baumwoll-Pyjama von Cottonreal aus Englang erstand. Der weiche, dünne Baumwollstoff fühlt sich toll an auf der Haut, da er nicht elastisch ist, bleibt er auch beim Schlafen an Ort und Stelle und dabei sieht er noch so schick aus. Wenn ich damit morgens in den Spiegel schaue, gehe ich danach erstmal in die Küche und mache mir einen Kaffee. Denn wenn ich im Schlafanzug so passabel aussehe, kann ich den auch noch etwas anlassen.
Danach habe ich dann meine alten Gammel-Schlafis aussortiert und investiere jetzt in stilvolle, gut geschnittene Baumwoll- oder Seidenpyjamas. Mit dem selbstgenähten habe ich jetzt drei Stück. Einen ganz dünnen für den Sommer, einen dickeren für den Winter und eben diesen selbstgenähten, der sich zu jeder Jahreszeit tragen lässt.
Das Schnittmuster – Burdastyle 12/07
Dieser Schnitt stammt aus der Burdastyle vom Dezember 2007, einem Magazin aus dem Schnittmuster-Fundus meiner Mutter. Beim Durchblättern ist mir sofort das coole Rockabilly-Pyjamaset ins Auge gesprungen – Das musste ich einfach nähen!
Für den Start habe ich die Pyjamajacke und die lange Hose genäht. Das Set lässt sich aber noch mit einer Shorts und einem Top für wärmere Monate ergänzen.
Die Jacke wird nicht mit Knöpfen geschlossen, sondern gewickelt. Besonders gut gefallen mir neben der Wickeloptik auch die abgesteppten Blenden in einer Kontrastfarbe. Die Hose hat einen Gummibund, allerdings nur seitlich und hinten. Dadurch sitzt sie vorne am Bauch besonders schön und trägt nicht auf. Das ist zwar bei einem Pyjama nicht so wichtig, aber wenn ich schon nähe, dann richtig 🙂
Der Stoff
Eigentlich wollte ich auch so einen schicken Punktestoff verwenden wie in der Burdastyle. Allerdings fand ich weit und breit keine Seide oder Baumwolle mit dem passenden Muster und der passenden Optik. Polyester-Satin oder Crepe wollte ich nicht für den Pyjama verwenden, da man darin leicht schwitzt und er sich auf der Haut nicht so gut anfühlt. Für einen Pyjama, den ich mehr als 40 Stunden in der Woche zum Schlafen trage, sollte es schon ein hochwertiges Material sein.
Auf dem Stoffmarkt entdeckte ich dann diesen wundervollen Viscose-Twill. Eigentlich wollte ich keine Viscose für den Schlafanzug verwenden, aber die Haptik des Stoffes war so wunderschön und das tropische Muster gefiel mir auch sofort.
Nachdem ich mir voller Vorfreude 2.20m von dem Viskosestoff gekauft hatte, fehlte mir noch der passende Kontraststoff für die Blenden. Auf dem Stoffmarkt hatte ich den vor lauter Freude völlig vergessen. Daher musste ich den dann online nachbestellen. Ich habe dafür einen Baumwollbatist verwendet, den ich bei Ebay bestellt habe.
Kombistoffe bestelle ich ungerne online, weil man anhand des Bildes auf dem Monitor nicht gut sehen kann, ob die Farbe wirklich zum Hauptstoff passt. In diesem Fall hatte ich aber Glück: Das kühle, helle Rosé ergänzt den Blumenstoff wunderbar.
Instant Nähfreude zum Träumen
Den Pyjama habe ich quasi im Schlaf genäht. Und das lag dieses Mal nicht an meiner chronischen Müdigkeit, sondern daran, dass er so einfach zu nähen war. Hier gab es keine Anpassungen an der Taille, keine falsch sitzenden Schulternähte, keine Fältchen an Brust und Rücken. Denn das Ganze sollte ja bequem und locker sitzen. Ich habe die Jacke in Gr.38 genäht und die Hose in Gr.40. Bei der Hose habe ich die Beine um 4cm verlängert, an der Jacke habe ich gar nichts verändert.
Ein bisschen von der Anleitung abgewichen bin ich bei den Blenden. Nachdem ich eine Testblende genäht hatte, habe ich festgestellt dass sie beim Biegen kleine Falten zwischen den Steppnähten wirft. Deswegen habe ich die Ausschnittblende zusätzlich auf der Innenseite mit etwas Gewebeeinlage (z.B. Vlieseline G710) verstärkt, um etwas Stand und eine glatte Oberfläche zu erhalten.
Absteppen – Vom Horror-Job zur Nähfreude
Stoffkanten sauber abzusteppen war mir immer ein Graus. Ich habe mir die Stepplinie angezeichnet, ich habe extra in Zeitlupe genäht und trotzdem sah die Steppnaht am Ende mehr aus wie eine Hügellandschaft als eine gerade Linie. Das fand ich immer sehr frustrierend, weshalb ich mich bisher von sichtbaren Ziersteppungen fern gehalten habe.
Aber was wäre Leben ohne Herausforderungen? Mit Sicherheit ziemlich langweilig. Also habe ich überlegt, wie ich es schaffen könnte, trotz meiner leicht zittrigen Hände eine saubere Steppnaht zu nähen. Da kam mir eine geniale Idee, bzw. gleich zwei davon. Das Beste daran ist: Es hat funktioniert und ich habe es geschafft, an Ärmeln, Beinen und dem Ausschnitt einen Besatz mit je drei perfekt parallelen Steppnähten zu nähen. Die Idee ist sicher nicht neu und womöglich auch in dem ein oder anderen Nähbuch zu finden. Dennoch war ich so stolz darauf, dass ich ein kleines Tutorial inklusive Video dazu gemacht habe.
Schlafen gehen oder weiter nähen?
Ich habe inzwischen schon ein paar Nächte mit, entschuldigung, IN meinem neuen Pyjama verbracht und ich bin absolut verliebt. Das ist kein Flirt für eine Pyjamaparty-Nacht, sondern eine Liebe fürs Leben. Der Stoff ist wunderbar leicht und weich. Dank der abgesteppten Blenden an Ärmeln und Beinen rutscht der Pyjama beim Schlafen nicht hoch.
Da ich von dem Stoff noch habe, möchte ich mir unbedingt noch den sommerlichen Teil des Pyjama-Ensembles nähen. Als nächstes ist dann erstmal das Top dran und dann die Shorts. Sind die fertig, mache ich wieder ein paar lustige, „verpennte“ Fotos für den Blog. Wobei ich finde, dass ich auf dem Bild eher aussehe als wäre ich tot und die Katze kommt um mich zu verspeisen. 🙂
Zum Glück bin ich aber nicht zwischen den Jahren abgetreten. Ich habe in meinem Buch geschmökert, einen Kaffee getrunken und meine Katze gestreichelt. Und später habe ich dann die Lockenwickler rausgenommen und mir dieses Outfit angezogen um ganz spießig mit Freunden Raclette zu essen und Dinner for One zu schauen bis es zwölf schlug und das neue Jahr eingeleutet wurde.
Ich wünsche Euch einen guten Start in 2023, viele tolle Nähideen und Spaß am Selbermachen
Eure Lasercat
Das ist ja wirklich ein wunderschönes Ensemble für die Nacht, gefällt mir sehr gut! Ich muß gestehen, daß ich auch immer noch in irgendwelchen alten gekauften Nachthemden schlafe, aber Dein Beitrag ist sehr inspirierend. Ich brauche unbedingt auch bald einen selbstgenähten Schlafanzug, in dem ich dann die nächsten Monate drin wohnen werde!
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
lieben Dank für Deinen Kommentar, ich habe mich sehr darüber gefreut. Ich habe auch jahrelang mit dem Gedanken gespielt, mir mal einen richtig schönen Pyjama zu nähen und erst Ende letzten Jahres habe ich es dann auch endlich getan. Es lohnt sich: Erstmal ist er einfach zu nähen, er fühlt sich toll an auf der Haut und sieht toll aus. Meine Tochter sagte, es wäre ein „Prinzessinen-Anzug“ 🙂
Ein kleiner Tipp noch am Rande: Original Schnitte aus den 50s und 60s für Nachtwäsche sind bei Ebay oft sehr günstig, da die nicht ganz so begehrt sind die wie für Kleider.
Liebe Grüße
Theresia aka Lasercat