Ich würde jetzt gerne erzählen, dass mir die Idee für dieses Shirt bei einem romantischen Urlaub auf Capri an der Strandbar in den Sinn kam, als ich mit einem Cocktail in der Hand bei Sonnenuntergang aufs Meer blickte. Leider ist das höchstens in meiner Fantasie passiert.
An einem dunklen Nachmittag im Dezember sortierte ich meine alten, angestaubten Burdastyle-Magazine und blätterte ein bisschen darin herum, weil ich mich ums Aufräumen drücken wollte. Dabei entdeckte ich zufällig das Schnittmuster für dieses Shirt in der Burda 08/2007. Die Variante mit den verrückten Längs- und Querstreifen ist mir direkt ins Auge gesprungen. Im Heft ist das Shirt eher bunt, doch mir kam direkt etwas Monochromeres in den Sinn. Ich liebe Streifenmuster, aber immer quergestreift ist ja auch irgendwie langweilig. So entstand die Idee für dieses Shirt, das ich schon im Dezember als Projekt für meine #makenine 2021 auf die To-Sew Liste gesetzt habe.
Ich habe ein Faible für T-Shirts, die mehr nach „Bluse“ aussehen, als nach „T-Shirt“. All die kleinen Details wie Knopfleisten, Rüschen, Puffärmel und Raffungen verwandeln das eher sportiv gedachte Kleidungsstück in ein feminines, elegantes, aber trotzdem alltagstaugliches Oberteil. Denn im Gegensatz zur klassischen Bluse aus nicht-dehnbarer Webware ist das Jersey-Shirt knitterfrei und gut waschbar, es passt sich perfekt der Körperform an und gibt wunderbare Bewegungsfreiheit, trotz des figurbetonten Schnitts.
Der Lingerie-Look der 2000er – Heute schon wieder „retro“?
Der V-Ausschnitt mit dem abgeteilten Brusttteil war in den 2000ern super angesagt. Der kam von den damals modernen „Lingerielook“-Tops und -kleidern, die meistens aus Satin und Spitze bestanden. Damals wurden die gerne über T-Shirts, Pullis und Jeans getragen oder schon im Schnitt kombiniert mit alternativen Materialien und Kleidungsstücken. So ist es hier dem klassischen Poloshirt passiert: Es bekam eine Teilung vorne, einen tiefen V-Ausschnitt, Puffärmelchen und statt dem gestrickten Kragen einen aus Baumwollstoff. Eigentlich hasse ich ja Poloshirts, aber diese Variante hat mich mehr an eine Vintage-Bluse erinnert, wegswegen mir der Schnitt direkt gefallen hat.
Heute ist der Look schon wieder „retro“ – Und in der richtigen Stoff-Kombination sogar „vintage“.
Längs-gestreifter Jersey?!
Für mein Shirt wollte ich unbedingt den Look mit den Längsstreifen am Vorderteil nähen. Doch ich war mir unsicher: In die Längsrichtung dehnt sich normaler Jersey in der Regel kaum – Würde man das Shirt dann überhaupt noch anziehen können?
Anfangs habe ich im Web dann nach längsgestreiftem Jersey gesucht. Es gibt zwar bedruckten Jersey mit Längsstreifen, allerdings scheint dieser aktuell nicht sehr gefragt zu sein. Die wenigen Produkte, die ich hier gefunden habe gab es nur in grauseligen bunten Knallfarben. Grau- und Schwarz oder einfach nur schwarz und weiß? Fehlanzeige. Also habe ich mich entschieden, das ganze aus einem quergestreiften, aber doch etwas bielastischen Jersey zu nähen. Bielastischer Jersey ist auch in Längsrichtung etwas dehnbar. Er ist zwar dann nicht so stretchtig wie quer und fällt auch oft nicht so gut, aber ich wollte es trotzdem ausprobieren.
Für das Shirt habe ich etwa einen Meter gestreiften Viskose-Jersey in schwarz-silber bei Alfatex bestellt. Der Baumwollbatist für den Kragen, sowie der schwarze Unijersey für Arm- und Halsausschnitt sind Reste aus meinem Stoff-Fundus.
Das Material im Überblick:
- 1m gestreifter Jersey
- 10-20cm Uni-Jersey für den Besatz am Halsausschnitt und die Ärmel
- ca. 30cm Batist für den Kragen
- Vlieseline G785 (Gewebeeinlage) für den Kragen
- Jersey-Nadel für die Nähmaschine
- Passendes Nähgarn
Full-Bust-Adjustment am Jerseyshirt
Der große Nachteil an den vorderen Teilungsnähten ist, dass bei einer Körbchengröße über B die Teilungsnähte irgendwo mitten auf der Brust liegen, anstatt darunter. Der große Vorteil daran ist aber auch, dass sich das durch die Teilung wunderbar anpassen lässt, ohne dass Abnäher notwendig werden. Wer hier für eine Körbchengröße ab D näht, weiß mit Sicherheit, was ich meine.
Als erstes habe ich die Teilungsnaht etwas nach unten versetzt, wodurch die „Spitze“ an der vorderen Mitte wesentlich schmaler und spitzer zulief als vorher. Den oberen Vorderteilen habe ich dann auf jeder Seite rund 4-5cm Weite dazugegeben. Da die unteren Vorderteile lt. Anleitung gedehnt an die oberen angenäht werden, war ein Einreihen nicht notwendig.
Was das Nähen angeht, so sieht dieses Shirt wesentlich komplizierter aus, als es ist. Nachdem der Schnitt erstmal angepasst war, hatte ich es in rund einer Stunde fertig zugeschnitten und genäht. Genäht habe ich alle Nähte mit einem flachen Zickzackstich auf meiner normalen Nähmaschine (Jerseynadel nicht vergessen!) und sie lediglich mit der Overlock versäubert.
Urlaubsfeeling im Lockdown
Auch wenn Capri und die Strandbar im Moment unerreichbar erscheinen, erfreue ich mich doch an meinem schönen Urlaubsoutfit, während ich mit einem Glas Wasser auf meiner Dachterrasse oder im Garten gammle. Man muss sich ja auch mal was gönnen – Und wenn es nur das Gefühl von Urlaub ist.
Das Shirt jedenfalls liebe ich total für seinen Retro-Look und die glitzernden Streifen. Der wilde Streifenmix macht es interessant und zaubert eine tolle Figur. Die Rückseite des Shirts ist übrigens quergestreift. Dadurch bleibt die Elastizität des Stoffs erhalten und es lässt sich wunderbar an- und ausziehen, auch wenn der Vorderteil sich nicht so stark dehnen lässt. Das einzige was mir nicht gefällt, ist der etwas seltsame Fall des Stoffs am längsgestreiften Vorderteil. Dadurch entstehen beim Tragen optische „Speckrollen“ vorne, die aber eigentlich nur Falten im Stoff sind. Daher werde ich das Shirt definitiv in der Hose oder im Rock tragen, damit es um den Bauch herum immer straff sitzt.
Und für alle die bis hierhin durchgescrollt haben, ist hier die Kurzfassung:
Zusammenfassung:
- Schnittmuster: Burdastyle 8/07
- Zugeschnittene Größe: 38
- Anpassungen am Schnitt: Full Bust Adjustment
- Näh-Level: Einfach
- Mein Fazit: Würde ich wieder genau so nähen! 🙂
Wie sieht’s bei Dir aus? Schon im Sommerfeeling? Was hast Du schon für den Sommer genäht? Ich freue mich über deinen Kommentar!
Tschüsschen,
Eure Lasercat
[…] auf dem Bild sind auch selbstgenäht. Über die College-Jacke habe ich hier bereits berichtet und hier, wie das T-Shirt mit dem Kragen entstanden […]
[…] Als Kombi-Teil passt es perfekt zu sommerlichen Looks mit Röcken oder Hosen, aber kann auch im Winter unter einem Pulli oder Cardigan getragen werden. Ich fand den Schnitt so schön, dass ich ihn gleich nochmal genäht habe, dieses Mal in „fancy“ aus Lurex Glitzerjersey (Mehr darüber findest Du in diesem Beitrag) […]
[…] echt schönes T-Shirt mit Puffärmeln habe ich bei Lasercat […]
Ich finde es sehr mutig, dass du den quergestreiften Jersey probiert hast. Das Ergebnis ist super.es steht dir sehr gut, betont die richtigen Stellen und bügelfrei klingt hervorragend.