Der Titel dieses Beitrags sagt es schon: Hier geht es nicht um ein perfektes, selbstgenähtes Teil mit schicken Fotos, sondern um eine fehlgeschlagene Idee. Es sollte eine karierte Bluse werden, entpuppte sich aber als formloses Karomonster. Wie konnte mir das passieren?
Von einem Schnitt und einer Idee
Den Schnitt entdeckte ich Anfang des Jahres beim Stöbern in meinem Burdastyle-Fundus (Burdastyle 01/2009). Eine karierte Bluse mit Rüschen vornedran und tollen, großen Manschetten mit vielen Knöpfen. Auf den ersten Blick sah sie super aus, irgendwie figurbetont, aber doch nicht so eng, dass man nichts drunter ziehen konnte.
Für meine „Herbstkollektion“ hatte ich sowieso schon irgendwas mit Karos im Kopf. Und so kam mir die Idee, mir diese Bluse aus grün-schwarzem Karostoff zu nähen. Und die Idee gefielt mir ziemlich gut:
Also machte ich mich auf und suchte den ganzen Sommer über nach einem tollen grün-kariertem Stoff. Leider sind dunkle Karos nicht gerade eine Farbe des Sommers und meine Suche lief ziemlich beschwerlich. Endlich entdeckte ich dann im Juni einen karierten Flanellstoff in der passenden Farbe im Nähzentrum in Mannheim. Flanell war eigentlich nicht der Stoff meiner Wahl gewesen. Erstens weil er recht dick ist und zweitens, weil er Katzenhaare und Fusseln anzieht wie verrückt. Doch dann dachte ich mir, es wäre doch nicht schlecht, auch mal eine richtig warme Bluse für den Winter zu haben. Und schon war der Stoff gekauft.
Das Schnittmuster – Finde den Fehler!
Im vorherigen Absatz habt ihr meinen Entwurf gesehen. Und hier sehr ihr den Schnitt. Na, wer findet den Fehler?
Der Schnitt besitzt keine Abnäher, das heißt die Bluse muss auch so über die Brust passen. Einzig über die Seitennaht wird sie ein wenig auf Figur gebracht. Wer sich ein bisschen mit dem Nähen auskennt wird festellen, dass es unmöglich ist, diese Bluse so auf Figur zu bringen, wie ich es mir in meiner Zeichnung vorgestellt habe. Außerdem sind die Ärmel ganz anders geschnitten. Als ich begann die Bluse trotzdem zu nähen dachte ich mir, sie würde bestimmt trotzdem gut passen. Vielleicht hätte es auch funktioniert. Und dann kam mein Endgegner – Die Passform von Burdastyle Schnitten.
Warum ich beim Anpassen des Schnitts versagt habe
Früher habe ich gerne Burdastyle genäht, inzwischen nur noch selten. Warum? Die Passform der Schnitte passt einfach nicht zu meiner Körperform. In der Größentabelle wählt man den Schnitt ganz klassisch nach Brust-, Taille- und Hüftweite aus. Die anderen Maße wie z.B. die Halsweite oder Armlänge sind obligatorisch, da sind die Burdaschnitte im Normalgrößenspektrum sowieso weitestgehend gleich.
Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen: Eine Größe nach Brustweite auszuwählen ist schlichtweg falsch, wenn man eine Körbchengröße ober- oder unterhalb B/C trägt. Aber ich habe es nicht beachtet und ganz naiv das Schnittmuster in Größe 40 ausgeschnitten.
Beim Ausmessen stieß ich dann aber schon auf Schwierigkeiten:
- Durch die überschnittenen Schultern und die entsprechende Weite unter den Achseln habe ich es nicht geschafft, die Überbrustweite des Schnitts korrekt zu bestimmen. Ich habe natürlich gesehen, dass es sehr weit war. Also habe ich seitlich und am Rücken ein wenig Weite weg genommen.
- Durch die doch eher weite Passform konnte ich nicht ermitteln, wie viel Bewegungsweite ich im Bereich der Schultern und Ärmel brauchte. Überhaupt konnte ich anhand des Papierschnitts die Schultermaße der Bluse nur bedingt mit meinen abgleichen.
- Da ich mir nicht vorstellen konnte, wie später die Schultern sitzen, konnte ich auch die Ärmellänge nicht wirklich messen.
Trotzdem habe ich mich in einem Moment geistiger Umnachtung gegen ein Probeteil entschieden und direkt mit dem Flanell losgenäht.
Das Ergebnis kann sich nicht wirklich sehen lassen:
Denn direkt bei der ersten Anprobe entdeckte ich das Offensichtliche:
- Der Schnitt ist um die Schultern herum VIEL zu groß. Hier hätte eine Größe 36 locker ausgereicht. Durch den dicken Flanell wirken die Schultern gleich nochmal wuchtiger
- Die Ärmel sind viel zu lang
- Die Bluse hat keine Taille. Eine leicht geschwungene Seitennaht hilft da auch nicht
Die Rüsche ist niedlich, ansonsten sieht das gute Stück aber kein bisschen so aus, wie in meiner Idee. Im Gegenteil, es erinnert eher ein bisschen an den Grunge-Look der Neunziger Jahre. Da war ich natürlich schon etwas enttäuscht. Wie konnte mir das nur passieren? Hätte ich es nicht besser wissen müssen?
Besser gewusst?! Was bei dieser Bluse schief gelaufen ist
Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen. Trotzdem habe ich bei dieser Bluse nicht migedacht. Deswegen habe ich hier für Euch mal zusammengestellt, wie ich es hätte richtig machen müssen:
Die Auswahl des Schnitts
Der Schnitt selbst ist nicht für meine Körperform geeignet. Eine taillierte Variante mit normalen Schultern würde mit weitaus besser stehen. Bei einer Brustgröße oberhalb von D empfehle ich grundsätzlicher IMMER nur Schnitte mit Abnähern, weil sich sonst am Vorderteil viel zu viel Stoff über und unter dem Brustbereich befindet. Leider bin ich meiner eigenen Empfehlung nicht gefolgt.
Die Auswahl der richtigen Größe
- Bei der Auswahl nach Brustweite die Herausforderung, dass ich zwar 90cm Brustweite habe, diese aber größtenteils vorne ist. Ich habe einen schmalen Oberkörper mit viel Brust. Das wird in diesen Größen nicht berücksichtigt. Daher arbeite ich – Übrigens auch bei anderen Schnitten – mit kleineren Größen und der Technik des „Full Bust Adjustment„. Dabei wird der Schnitt vorne im Brustbereich erweitert.
- Es wäre also richtiger gewesen, eine kleinere Größe, also vermutlich 36 auszuschneiden und dann ein FBA durchzuführen
- Allerdings war es mir aufgrund der fehlenden Maßangaben von Überbrustweite, Unterbrustweite und der Art des Schnitts mit den überschnittenen Schultern nicht möglich, die passende Größe für den Oberkörper zu ermitteln.
- Trotzdem wäre es besser gewesen, auf gut Glück eine 36 auszuschneiden und den Schnitt dann zu erweitern.
Vorlage oder Probeteil
- Ich habe nicht daran gedacht, einen ähnlichen, gut sitzenden Schnitt als Maßvorlage zu verwenden. Ist ja nicht so, dass ich nicht schon eine Bluse mit ähnlichem Schulterbereich genäht habe. (Siehe meine grüne Leobluse hier). Ich hattes nur schlicht und ergreifend vergessen.
- Bei meinen Vintagekleidern mache ich es nie ohne: Ein Probeteil aus einem alten Stoff um zu testen, ob obenrum auch alles richtig sitzt. Bei dieser Bluse wäre mir durch ein Probeteil zumindest das Zerschneiden des guten Flanells erspart geblieben.
Und jetzt? Bluse retten oder verwerfen?
Nun ist das Malheur passiert und ich habe eine Bluse, die ich nicht anziehen kann. Fertig genäht ist sie auch nicht. Kragen, Knopfleiste und Saum fehlen noch. Daher muss ich mir nun die Frage stellen: Was ist da noch zu machen?
So ließe sich die Bluse noch retten:
Die Option, die Bluse zu ändern geht mit einem Arbeitsaufwand einher. Dafür müsste folgendes getan werden:
- Auftrennen der Seiten- und Ärmelnähte
- Abtrennen der Manschetten
- Ärmel kürzen
- Schultern kürzen und schmaler machen
- Vorder und Rückenteil auch seitlich noch etwas schmaler machen
- Abnäher am Vorderteil einbauen (Seitliche Brustabnäher)
- Abnäher am Rückenteil einbauen ( Vertikal im unteren Rücken)
Mit diesen Änderungen wäre es möglich, die Bluse halbwegs auf Figur oder zumindest auf meine Größe zu bringen. Was bleibt ist jedoch nachwievor die Form des Schnitts. Durch die überschnittenen Schultern wird er vermutlich trotzdem an mir eher unförmig aussehen. Der dicke Flanell macht es auch nicht besser. Durch die Stoffwahl wirkt auch die Rüsche irgendwie wuchtig und nicht mehr wirklich elegant.
Daher ist die andere Option, die Bluse erstmal in meiner Kiste der „Unfertigen Projekte“ zu verstecken, bis mir eine bessere Idee kommt, was ich damit anfangen kann oder bis jemand aus meinem Freundeskreis sich genau so ein Oberteil wünscht. 🙂
Alternativ könnte ich sie auch fertig nähen und einfach verkaufen. Einer Frau mit anderem Körperbau würde diese Bluse bestimmt gut stehen. Jemand mit gut definierten Schultern und schlanken Beinen sieht darin bestimmt klasse aus.
Aktuell bin ich noch unetschlossen, was mit diesem Nähfail passieren soll. Trotzdem wollte ich ihn hier mit Dir auf meinem Blog teilen. Einfach nur um aufzuzeigen, dass auch bei mir im Nähzimmer nicht immer alles perfekt läuft. Manche Ideen sind auf dem Papier toll und entpuppen sich in der Realität dann als ganz anders. Und manchmal bin ich beim Nähen auch zerstreut und denke nicht an Dinge, die ich eigentlich wissen sollte. Ich selbst ärgere mich natürlich schon über die verlorene Zeit, sehe das Ganz aber nicht als Tragödie, sondern eher als Chance und als Herausforderung. Ich will mir für diesen Herbst auf jeden Fall eine Rüschenbluse nähen! Aber nächstes Mal mit einem anderen Stoff und einem anderen Schnitt. Ich hoffe, dass ich Dir die bald hier auf meinem Blog präsentieren kann. Mit perfektem Sitz und schönen Fotos.
Bis dahin
Eure Lasercat
[…] den Abnäher am Ärmelsaum verzichtet. Statt dessen habe ich Manschetten und Falten vom Schnitt der Karobluse (Burdastyle) […]
[…] Überschnittene Schultern stehen mir nicht 🙂 […]
Oh je das ist wirklich schade mit all der Mühe. Überschnittene Schultern sind bei diesem Stoff wirklich keine gute Idee und ein Schnitt ohne Abnäher ist es bei Blusen für mich ohnehin nicht. Jede Hobbyschneiderin wird sowas schon erlebt haben, da heisst es Krone richten und weitermachen. Ich kann Blusenschnitte von Vouge sehr empfehlen, Vogue 8772 sowie Vouge 9029, die haben sich bei mir x-mal bewährt und wie bei allen amerikanischen Schniten sind Linien für Längenanpassungen sowie Angaben zur Weite des fertigen Stücken vorhanden, was die Größenwahl so viel einfacher macht.
Falls Du an Deine Bluse nochmal rangeht, wäre das abtrennen der Rüsche eine Option, dann hast Du ein Boyfriend-Hemd das sich bestimmt in den alltag integrieren lässt. LG Kuestensocke
Hallo Kuestensocke,
lieben Dank für Deinen Kommentar. Ich weiß auch nicht so genau, was da in meinem Kopf für ein Knoten war, als ich das genäht habe 🙂 Die Blusenschnitte sehen sehr gut aus. Ich habe auch einen der mir gut passt, hätte ich den besser mal verwendet. Nun da die erste Wut über diesen Nähfehler verraucht ist, habe ich mir auch schon überlegt, die Bluse irgendwie tragbar zu machen. Die Rüsche mach ich auf jeden Fall wieder weg, ich hatte dann überlegt auch die Ärmel abzutrennen und die Schultern kürzer zu machen. Vorne dann Abnäher und etwas weniger Weite am Rücken. Damit müsste sie dann halbwegs tragbar sein 🙂
Liebe Grüße
Theresia aka Lasercat